28. Der Gott Triglaf und das Dorf Triglaf.

[49] Die heidnischen Pommern, absonderlich die zu Julin und Stettin, hatten zum vornehmsten Götzen Triglaf. Derselbe hatte drei Köpfe, zur Anzeigung, daß er das Regiment habe im Himmel, auf Erden und in der Hölle, und hatte vor dem Angesicht eine goldene Decke, zum Zeichen, daß er die Uebelthaten der Menschen nicht sehe. Dieser Götze war von lauterem Golde. In Stettin stand er auf dem mittelsten Berge in der Stadt.

In der Nähe des Gotts Triglaf ward ein Pferd gehalten, welches heilig war und zukünftige Dinge voraus sagte. Es wurde wohl gefüttert, und es durfte Keiner darauf reiten, also daß es das ganze Jahr müßig stand. Ein Priester war bestellt, der nichts weiter zu thun hatte, als seiner zu warten und es zu pflegen. Das Wahrsagen dieses Pferdes geschah aber in folgender Weise: Wenn man bedacht war, auf irgend einen Zug auszugehen, so wurden lange Stangen in der Queere auf die Erde gelegt. Durch dieselben führte der Priester das Pferd am Zügel, dreimal. Blieben nun die Stangen liegen, ohne vom Pferde angestoßen zu werden, so bedeutete das Glück, berührte es sie mit dem rechten Fuße, so war der Ausgang zweifelhaft, berührte es sie aber mit den linken, so war es Unglück.

Dieses Pferd in Stettin war groß, schwarz und feist. St. Otto gebot den bekehrten Stettinern, daß sie es gebrauchen sollten, und sagte, es wäre besser vor dem Wagen als zum Wahrsagen. Aber die Stettinschen wollten es nicht nehmen, denn sie besorgten sich, der Gott Triglaf[49] möchte ihnen darum Schaden zufügen. Deshalb schickte St. Otto es nach Deutschland, und ließ es allda verkaufen. Den Stettinschen Götzen Triglaf schickte St. Otto nach Rom an den Papst, zur Anzeigung der Bekehrung der Pommern.

Den Julinschen Götzen Triglaf dagegen konnte er nicht bekommen. Denn als er die Tempel in Julin niederbrach, da brachten die heidnischen Pfaffen den Götzen weg in ein Dorf bei Greifenberg. Dort verbargen sie ihn bei einer Bäuerin. Die hat ihn in ein Tuch gewunden und in einen starken Block verschlossen, auch nur ein kleines Loch darin gelassen, damit man ihm räuchern könne. St. Otto hat ihn lange vergeblich suchen lassen. Endlich ist zwar Einem aus der Gesellschaft des Bischofs, Namens Hermann, einem verschmitzten Manne, gelungen, ihn zu finden, indem sich derselbe der Landesart nach gekleidet und vorgegeben hat, er habe Schiffbruch gelitten und wolle dem Triglaf opfern. Allein er hat dennoch seiner niemals habhaft werden können. Das Dorf, in welchem die Bäuerin ihn verborgen hielt, hat von der Zeit an den Namen Triglaf erhalten, den es noch jetzt führt.

Für gewiß weiß man nicht, wo der Götze von da zuletzt geblieben ist. Verwunderlich ist es aber, daß die Kirche zu Triglaf von undenklichen Zeiten her ein bedeutendes Vermögen hat, und reicher ist, als irgend eine andere Kirche auf dem Lande. Die Leute sagen daher auch, daß das Götzenbild endlich noch aufgefunden und eingeschmolzen sey, und daß davon der Reichthum der Kirche herrühre.


Kantzow, Pomerania, I. S. 107-111.

Micrälius, Altes Pommerl. I. S. 150.

Cramer, Gr. Pomm. Kirch. Chron. I. S. 39-42.

Kanngießer, Pomm. Gesch. S. 665. 666.

Pommersche Provinzialblätter, I. S. 448.

Quelle:
Jodocus Deodatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin 1840, S. 49-50.
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