602. Liebe zur Verachtung

[185] Gern woll'n verachtet sein, verschmäht, zurückgesetzt,

Gern woll'n verleumdet sein, gehaßt, verfolgt zuletzt,

Gern woll'n beneidet sein für Lieb' und Wohltat gar,

Das ist ein sel'ger Stand bei unserm Gott fürwahr!

Wo find't man aber solche Weisen,

Daß man sie würdig möge preisen?[185]

An keinem Ort fürwahr,

Das ist nur allzu klar.

Ist einer wo, dann sitzt er einzeln und verdeckt

Im Winkelein beim Büchelein versteckt;

Den nenn ich wahrlich arm am Geist,

Die Jesus dort so selig preist.


Nach Johannes Evangelista

Quelle:
Gerhard Tersteegen: Geistliches Blumengärtlein. Stuttgart 1956, S. 185-186.
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