An Herrn Canonicus Gleim

[151] Die Kriege Friederichs und wie mit güldnen Schwingen

Der Sieg an seiner Seite glänzt,

Wird Kleist, mit Lorbeern selbst bekränzt,

In seine kühnre Leyer singen.
[151]

Mein schüchtern Saitenspiel sträubt in verwöhnten Händen,

O Gleim, sich wider kriegrisch Lob,

Und traurt, seit Zwietracht sich erhob,

Und Helden edles Blut verschwenden.


Die deutsche Muse soll nicht jauchzen, sondern klagen:

Denn Deutschland fühlt der Waffen Wuth.

Mars donnert wild einher, und Blut

Umfließet seinen ehrnen Wagen.


Gewaltige der Welt, ihr führet mit Entzücken

Das rauschende Verderben an?

Und euer lächelnd Auge kann

Die Furien des Kriegs erblicken?


Seht! Eures Volkes Blut raucht strömend von der Erden!

Ach! Dieß betrogne Volk ergab

Sich unter euern Hirtenstab,

Geweidet, nicht gewürgt zu werden.


Der Vater seines Lands und blieb' er auch verborgen,

Ist nicht geringer, als der Held.

Die Sorgen um das Glück der Welt

Sind wahre königliche Sorgen.


Macht euer Land beglückt, an statt es zu vergrößern,

Ermuntert mit verdientem Preis

Die scheue Wissenschaft, den Fleiß,

Und sucht, die Sitten zu verbessern.


Sucht, ungebautes Land in Auen umzuschaffen,

Mit rächender Gerechtigkeit

Wacht für der Unschuld Sicherheit,

Und schützt sie mit gerechten Waffen:
[152]

So wartet einst auf euch der Name guter Fürsten,

So strahlt mit eurem schönern Ruhm

Der Ehre lichtes Heiligthum,

Vor denen, die nach Ländern dürsten.


Umsonst! Sie hören nicht der frommen Muse Klagen;

Sie wollen Krieg, und nun bereits

Brüllt weit umher die Wuth des Streits,

Und alle Nationen zagen!

Quelle:
Johann Peter Uz: Sämtliche poetische Werke, Stuttgart 1890, S. 151-153.
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Sämtliche poetische Werke. Hrsg. von A. Sauer