An Herrn Baron von C**

[125] Du, der des Adels Glanz mit schimmerndem Verstande,

Mit Musen und Geschmack vereint,

Entreisse dich, o C**! edler Freund!

Der Pleisse liederreichem Strande.


In jener hohen Burg, wo Epheü an den Mauern

Sein dauernd Grün dir aufbewahrt,

Erwarten dich nur Freuden ächter Art,

Die nie vergrünen, immer dauern.


Hier mahle die Natur, die nun, vom Lenz umkränzet,

In iedem Auftritt hier entzückt,

Und ungeschminkt, nur landhaft aufgeschmückt,

Doch in verschiednem Schmucke, glänzet.


Welch liebliches Gemisch von sonnenreichen Höhen

Und rauhbebüschter Thäler Nacht,

Und grüner Saat und junger Bluhmen Pracht

Und Bächen und bestrahlten Seen!


Das Aug ist unbeschränkt, die freyen Blicke fliegen

Hoch über furchtbarn Wäldern hin,

Und sehn erstaunt, mit angespanntem Sinn,

Noch zwanzig Städte duftig liegen.


O Aufenthalt der Lust für unverwöhnte Weisen!

Der Musen liebster Aufenthalt,

Wo aus der Flur der Lerchen Lied erschallt,

Die ihre Schöpfung fröhlig preisen!
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Die gütige Natur verlangt nicht unsre Plage:

O ruhten wir an ihrer Brust,

Und liessen ihr die Wahl der bessern Lust:

Wie heiter flössen unsre Tage!


Die Freude, welche sie mit milder Hand bereitet,

Reizt ungekauft, ermüdet nicht,

Ist ruhig, rein, sanft, wie das Morgenlicht,

Das über frische Rosen gleitet.


Die Quellen wahrer Lust stehn allen Menschen offen:

Vergnügungen der Phantasie,

Euch kaufen wir mit unvergoltner Müh:

Wie täuscht ihr unser schmachtend Hoffen!


Pracht, Hoheit, Ruhm, die ihr vom Wahn geschmücket,

Den Sterblichen so blendend gleisst!

Ihr sättigt nicht, weil ihr mit Rauche speist;

Und flieht, indem ihr uns entzücket.

Quelle:
Johann Peter Uz: Sämtliche poetische Werke, Stuttgart 1890, S. 125-127.
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Sämtliche poetische Werke. Hrsg. von A. Sauer