Die Trinker

[116] Mit Narren sollt ich mich erfreun?

Ihr Wein schmeckt ekelhaft gemein,

Wie Wasser, das die Musen scheuchet;

Und wär es auch der beste Wein,

Der an der Mosel bleichet.


Kann ich mit Klugen mich erfreun;

So schmeckt auch Wasser ungemein

Und gleich burgundischem Lyäen.

Doch, Freunde! seht, wir haben Wein!

Wer wollte Wein verschmähen?


Es müsse kühne Völlerey

Nicht, unter bäurischem Geschrey,

Mit ihrem Thyrsus hier gebiethen!

O Bacchus! gehe still vorbey,

Und rase bey den Scythen!


Wie fürcht' ich deinen trunknen Blick!

Wie droht manch fliegend Felsenstück!

Seh ich die wüthende Mänade?

Welch rauher Jubel brüllt zurück

Vom Thrazischen Gestade!


Trinkt nicht, von wilder Lust entbrannt,

Bis an des Rausches welker Hand

Der blinde Bacchus taumlend schleichet!

Sonst flieh ich schneller, als der Sand

Vom Wirbelwind entweichet.

Quelle:
Johann Peter Uz: Sämtliche poetische Werke, Stuttgart 1890, S. 116.
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Sämtliche poetische Werke. Hrsg. von A. Sauer