9. Frühlingslied meines sel. Urältervaters

[234] (Läßt sich im Falle der Not auch im Oktober singen.)


Frühling 1773.


Juchhei! Juchhei!

Schaut an, wie Mai

Die trüben Lüfte kläret,

Und Wald und Au

Mit buntem Schau

Und Vogelsange hehret.


Juchhei! Juchhei!

Jetzt hehret Mai

Auch meine Kunigunde,

Giebt lichtern Schein

Den Wängelein

Und dem durchlauchten Munde!


Viel blauer ist

Zu dieser Frist

Der Glanz der lieben Äuglein!

Der Stimme Schall –

Biß still, o Nachtigall,

In deinen Zweiglein!


Ahi! Ahi!

Mir lachte nie

So minniglich die Hehre!

Gar sanft mir's thut!

Bin baßgemut,

Dann ob ich Kaiser wäre!


Solch Ehrenkleid

Von Weiblichkeit[235]

Thät Gott nie Frauen geben!

Wem nicht behagt

Die reine Magd,

Muß gar von Sinnen leben!


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 49, Stuttgart [o.J.], S. 234-236.
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