Psal. 142. Vore mea ad dominum

[678] Ein Gebetpsalm vmb hülff vnd beistandt wider die feind.


1.

Zvm HERRN schrei ich mit meiner stimm,

ich sprich ›HERR Gott, mein bitt vernimm,

mein klag vor dir auß schütte,

Wann mein geyst in den engsten stickt,

so bistu, HERR, der mich erquickt:

hilff, daß mich nit zerrütte

Mein feind, der mir mit falscher lehr

vil stricke legt runds vmb mich her,

mit heuchelei vmbziehen,

ich kan jm nit entfliehen.‹


2.

Ich schaw vmbher, beyd, nah vnd weit,

zur rechten vnd zur lincken seit,

da wil mich niemand kennen.

Sie lehren mich der wercke rhum,

sol durch mich selber werden frum,

von deim wort abzutrennen.

Drumb ist meim gbet zu dir gericht,

sprech ›HERR, du bist mein zuuersicht,

mein theyl wirstu mir geben

mit den die Ewig leben.‹


3.

Merck auff, HERR, laß dirs sein geklagt,

ich werd gar sehr von jn geplagt,

hilff mir von jrem toben!

Für mich auß nöten, angst vnd pein

von den die mir zu mechtig sein,

auff das ich dich mög loben!

Wann solchs die grechten werden sehn,

daß mir von dir ist hülff geschehn,

werdens sich zu mir halten

vnd deine güt lan walten.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 678.
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