Gartenbulschaft oder krantlieb

[316] Ich war in einem schönen garten,

da der Braunellen ich must warten;

alsbald sie kam und sah mich an,

empfanden wir das herzgespan.

»Ach, was empfind ich in dem herzen!«

sprach sie; ich antwort: »laß uns scherzen!

je läng'r je lieber bist du mir,

ja tag und nacht lieb bin ich dir.

laß uns mit maß und ohn maß lieben,

laß uns das nabelkraut verschieben,

das so süß, under deinen schurz.«

»Ja, knabenkraut und ständelwurz«,

sprach sie, »mir allzeit wol zuschlagen:

Liebstöckel mögen wir auch wagen,

dieweil sie gut für die, die bleich,

so steck es tief in das glidweich.

glidkraut mein glid mit lust durchdringet,

wan es kein mutterkraut mir bringet.[316]

auch lieb und süß ist die manstreu,

mit zapfenkraut die freud wird neu,

Dan seine tugend stets passieret.

so bald es kützelnd tief berühret

die zarte nackend huren haut,

so wird es gleichsam seifenkraut.«

»Es ist gnug, laß nun ab zu scherzen,

bis wir einander wider herzen,

vergißmein nicht und bleib doch weis

mein augentrost, mein ehrenpreis.«

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 316-317.
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