Neue jahrsgab an seine liebste

[126] Ich wolt euch gern zu disem jahr,

gleichlose schönheit, etwas schenken,

dabei ihr meiner also bar

und fürhin möchtet stets gedenken:


Weil aber ich mich euch ergab

mit allem, so mir zugehöret,

so folget, daß ich mehr nichts hab,

das ich euch nicht schon vor verehret.


Wan dan mein herz, will und begir

und was ich bin, ganz euer eigen;

ach, lieber, so erlaubet mir

durch wünschen mich mild zu erzeigen.


Nu wünsch ich, daß ihr an schönheit

die erst auf erden möget bleiben!

daß eures leibs vollkommenheit

man mög in allen sprachen schreiben!


Daß euer liebliche person

der tugend person hie auf erden,

und eure seel, der engel wohn,

der tugend seel erkennet werden.


Daß eure schönheit so liebreich

mög blühen nach vil hundert jahren!

und daß die himmel nur durch euch

uns ihren segen offenbaren!


Weil euer himmlischer verstand

selbs besser weiß, was zu begehren,[127]

so wünsch ich, daß euch gottes hand

all eurer wünschen wöll gewehren.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 126-128.
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