Ueber meiner Myrten seligen abschid

[257] In welche sich mein herz und deren herz in mir

(durch brunst der wahren lieb entzündet) einverleibet,

die lebet nu mit got und in mir, für und für,

hat der tod, blind und taub, schon leider! mich entweibet.

Des himmels engelchor in purer lieb mit ihr,

und frölich sie mit ihm die zeit ohn zeit vertreibet,

weil selig sie zugleich und ganz unselig wir,

und er durch sie ganz reich, ohn sie die welt arm bleibet.

Schau selig schönste seel, wie doch in meiner brust

der heiligen lieb glut kan mit den aschen dauren

und was zuvor nur got, jetz auch der welt bewust.

Dir aber, dem mein leid kan deine freud versauren,

wer du auch bist, wünsch ich, daß fürhin kein verlust

mach dich, wie dieser mich, der ich allzeit muß trauren.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 257.
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