Vergnügt und frölich

[72] Ha! kom, gut geschirr zu machen

weil wir die gelegenheit;

laß uns singen, springen, lachen

ohn fürsorg und traurigkeit;

laß uns sorg und müh betriegen,

die uns unsre freud bekriegen.


Laß erfrischend uns purgieren

alle dämpf, so unser hirn

mit geiz und ehrgeiz beschmieren

und mit rünzlen unsre stirn,

und die uns den kopf zureißen

und das haar, vor alter, weißen.


Laß uns unverdrüßlich leben

recht auf gut philosophisch,

unsre seelen nicht verweben

melankolisch wie stockfisch,

sondern fliehen und vermeiden,

so vil möglich, alles leiden.


»Ein gemüt, das nach gut trachtet,

ist ohn ruh, ohn wohn, ohn witz;[72]

Charon der den reichtum achtet

als einer spinadeln spitz,

lasset sich die arme bauren,

wie die herren selbs, betauren.«


Darum laßt uns nu vergessen

aller sorg, angst und gedichts,

frölich an dem tisch gesessen

vernüget mit unserm nichts,

dan den schedel wir zerbrechen,

wan wir geld zusamen rechen.


Wan mein Musa mich gewehret,

wan ich will, der poesie,

ist das, so mein herz begehret

ohn andere fantasie.

»ein frei wol vergnügtes leben

ist nicht um ein land zu geben.«

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 72-73.
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