Von Esaia vom Mars, Herrn von Montmartin

[36] 1610.


Die erste strophe.


Wan ihr, götliche Liebelein,

ganz gnädiglich mir zugesaget,

als ich bei eurem brünnelein

euch zu begrüßen mich gewaget,

Durch meiner oden süßigkeit

die torheit derer kund zu machen,

die mit schimpf und unsinnigkeit

die teutsche poesei verlachen:

So machet nu, o süße schar,

jetz eure zusag mit mir wahr

und helfet meine wort recht setzen,

daß sie die götter selbs ergetzen.


Antistrophe.


Montmartin, der halbgötter zier

und von den Musen selbs geschmücket,

das lob, so ich von dir formier,

ist nicht aus fremdem schmuck gestücket;

Ich nem dazu auch nicht das lob,

dadurch dein vatter hochgeprisen,

der, marschalk, sich mit kühner prob

dem großen Heinrich groß erwisen:[36]

In dir find ich ein ernt reich genug,

davon ich dan mit gutem fug

zusamen samle dise früchten,

dir dises opfer zu zu richten.


Epod.


Aber einer Nymfen hand

kan eh, einen kranz zu binden,

alle schönste blumen finden

in dem vollen blumenland,

Dan ich (der ich ganz verführet

von so viler tugend glanz,

welcher, wie der sternen danz

das gewölb, dein leben zieret)

zweifelhaftig nicht kan wählen

was ich erstlich soll erzählen.


Die andere strophe.


Seitenmal wan die mayestet

der gravitetischen geberden,

die frei auf deiner stirnen steht,

solt nu von mir gesungen werden:

Dein angeborne freindlichkeit,

damit du jederman gewogen,

erzeiget ihre würdigkeit,

auf daß sie werd herfürgezogen;

Wan dan zu singen ich bereit,

dein fließende wolredenheit,

will mich alsbald dein wolstand zwingen,

von seiner zierlichkeit zu singen.


Antistrophe.


Lob ich dein wissenheit und lehr,

was du gesehen und erfahren,

spricht dein verstand, daß seine ehr

und treflichkeit hie nicht zu sparen;

Will dan den glücklichen fortgang

ich deiner werken hoch erklingen,[37]

will deine weisheit, mein gesang

soll sie des glücks ursach fürbringen,

Als welche, wegend eigentlich

all zeit und ort, beleitet dich,

und das glück, solches zu regieren,

in dein haupt pfleget zu losieren.


Epod.


Darf dan, deiner hochheit grunds

zu gedenken, ich mich wagen,

förcht ich, daß mich möcht anklagen

die züchtigkeit deines munds,

Welche ungezwungen ehret

und gern dienet jedem stand

und den gründlichen verstand

von der herzen hochheit lehret,

daß man mehr durch gunst dan prangen

kan der menschen lieb erlangen.


Die dritte strophe.


Fang ich dan an ein lobgesang

von deinem blut auf meinen saiten,

so will die tugend, der anfang

gehör ihr, dein lob auszuspreiten

Als die allein wahr, ohn betrug,

die sterbliche mit gotheit zieret

und dan mit schnell geradem flug

uns in der götter freindschaft führet.

Und sie gab Herkules beistand,

zu steigen in sein vatterland;

durch sie die zwillingstern vermehret

seind so vil auf dem meer geehret.


Antistrophe.


Auch hat sie dich in ihrem schutz

genommen alsbald du geboren;

desgleichen du der welt zu nutz

hast sie für dein gleit auserkoren:[38]

Sie, zu vermeiden alle aaß

des wollusts, hat dich wol bereitet,

und reisend auf der engen straß

durch vil mehr länder dich beleitet,

Dan der Griech, an weisheit sehr groß,

(von dessen zung der honig floß

wie die schnee frühlingszeit zergehen

von dem gebürg) jemals gesehen.


Epod.


Alda dan bald nach und nach,

was der Griech subtil erdichtet

und der Römer süß berichtet,

die engländisch reiche sprach,

Was die Teutschen frei auslegen,

der Toscaner lieblichkeit

und der Flandrer witzigkeit,

was die Spanier auch wägen,

und was uns je zugelassen

deine jugend wol erfassen.


Die vierte strophe.


Vil andre künsten gleicher weis,

die recht den adel edel machen,

vereiniget mit deinem fleiß,

beschreien dich in allen sachen.

Apollo, dem an geist und haar

du gleichest, hat dir übergeben

die castalisch geneunte schar,

ihr singen wider zu beleben;

Und du machst, daß ich underfang,

der erst mit ungezwungnem klang,

die götter auf der Griechen saiten

teutschlieblich spilend auszubreiten.


Antistrophe.


Und wa laß ich die dapferkeit,

dadurch du Mars nicht nur von stammen,[39]

sondern an stärk, mut, munderkeit,

ein wahrer Mars an that und namen!

Wie oft hat dein bewehrtes schwert

mit martialischen buchstaben,

die blutrot, deinen namen wert

in des feinds stolze haut gegraben!

Daher die cimbrisch starke kron

wolt sich (zu deiner tugend lohn

und ihrem preis) umsunst bemühen

dich deinem konig zu entziehen.


Epod.


Aber, zarte Liebelein,

wie geh ich mich zu verlieren?

kan ich dieses lied vollführen,

schönäugige Nymfelein?

Ach, vergönnet mir, zu weichen

seiner tugend bürd so schwer,

daß das glück sich nimmermehr

ihrem verdienst kan vergleichen;

lasset mich nu bald umwenden,

mein lied hübschlich zu vollenden.


Die fünfte strophe.


Vil tausend tugenden in dir

sih haufenweis ich um mich schweben,

daß ich nicht jeder nach gebühr

kan ihre stell in ordnung geben.

Also mein Musa irrend um

als in cretensischem irrgarten,

hat weder richtschnur, gleit noch trum

für deiner tugenden irrfarten.

Was fahr ich dan noch weiters fort,

daß ich mich nicht mach in den port,[40]

weil es sich ja nicht will gebühren,

der götter ehr zu profanieren?


Antistrophe.


Darum beschließ ich meinen mund

und will dir mein herz übergeben,

sih, du wirst es erfinden rund,

der tugend einiglich nachstreben,

Bis einmal mit vil höherm klang

in deiner lorberkränzen schatten

die götter, von dir ein gesang

ganz neu zu singen, mir gestatten;

Wan namlich mir einmal das glück

gibt einen freindlichern anblick

und von mir die unruh und plagen,

der ungeduld frucht, wird verjagen.


Epod.


Wolan, so fahr, odelein,

zu dem, von dem du erschallen,

sag ihm, weil es sein gefallen,

mir sehr freindlich stets zu sein,

Daß ich leichtlich därf ohn grauen

(zwar fremd, jung und wenig klug)

zu den himmeln meinen flug

seiner gunst flügeln vertrauen,

flügel, deren glanz belebet

under beeden himmeln schwebet.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 36-41.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gellert, Christian Fürchtegott

Die Betschwester. Lustspiel

Die Betschwester. Lustspiel

Simon lernt Lorchen kennen als er um ihre Freundin Christianchen wirbt, deren Mutter - eine heuchlerische Frömmlerin - sie zu einem weltfremden Einfaltspinsel erzogen hat. Simon schwankt zwischen den Freundinnen bis schließlich alles doch ganz anders kommt.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon