Vierter Auftritt

[58] Der Offizier tritt ein.


OFFIZIER.

Habt Ihr gehört? Der General ist da,

Nun ist's der letzte Gang, fort, fort mit Euch.

MUTTER. drückt beide Kinder an ihr Herz, sinkt mit ihnen auf die Knie, legt die Hände auf ihr Haupt, dann steht sie gefaßt auf.

Wir folgen.[58]

MARIE schreit.

Ach –


Und sinkt.


HORTENSIA schreit.

Sie stirbt –

MUTTER.

Dann ist ihr wohl.

OFFIZIER will sie aufheben.

MUTTER.

Zurück – berühre mir den bleichen Engel nicht,

ich wecke sie – die Mutter wird sie hören.

OFFIZIER.

So macht es kurz, Ihr seht, wir haben Eile.

MUTTER hat sie in den Arm genommen.

Mein trautes Kind, willst Du mir nicht erwachen?

HORTENSIA.

O laß im Tode uns nicht so allein.

MUTTER.

Sie lebt – sie athmet, ach, und ich die Mutter

darf ob des Kindes Leben mich nicht freuen.

Laß mich noch einmal in das Auge sehen,

das bald sich ewig schließt. – O meine Tochter,

lass' mich noch einmal Deine Stimme hören,

eh' sie verhallt im weiten, leeren Raum;

o rufe Mutter –

MARIE schwach.

Mutter, meine Mutter! –

Bist Du noch bei mir? Ach!

MUTTER.

Bis in den Tod![59]

Nun kommt, Barbaren, nehmt uns kühn das Leben,

Gott wird uns Armen Muth zu Sterben geben.


Alle durch die Mitte ab.


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neueste Schauspiele. Band 9, Berlin 1821, S. 58-60.
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