Sechster Auftritt

[300] Ferdinand, die Vorigen.


FERDINAND. Hat Niemand nach mir gefragt?

GRUNDMANN. Der Herr Prinzipal schon zweimal.

FERDINAND. Was will mein Vater?

GRUNDMANN. Ihren letzten Entschluß.

FERDINAND. Ich heirathe nicht.

GRUNDMANN. Hochzeit giebt es darum doch.

FERDINAND. Stürmt denn alles auf mich ein? Wirft sich auf einen Stuhl.

KÄTHE zu Grundmann. Höre Er – wer ist denn der?

GRUNDMANN. Der junge Herr vom Haus, der wird Dein Sohn.

KÄTHE. So – hab ich schon einen Sohn? – Warum ist er denn aber so traurig?[300]

GRUNDMANN. Weil er sich vor der Stiefmutter fürchtet.

KÄTHE. Vor mir?

GRUNDMANN. Er meint, wenn Dich sein Vater heirathet, werde er ihn gar nicht mehr lieben – nur Dich.

KÄTHE. Sein Vater braucht mich gar nicht zu lieben, sag Er ihm das, damit er wieder frohen Muthes wird.

GRUNDMANN. Sprich Du selbst mit ihm – frag ihm, was ihm fehlt.

KÄTHE geht hin, macht einen Knix, dann sagt sie zu Grundmann. Er sieht mich ja nicht an – wie heißt Er denn?

GRUNDMANN. Nenne ihn nur Herr Sohn.

KÄTHE geht näher, macht wieder einen Knix und sagt. Guten Tag Herr Sohn –

FERDINAND fährt wild auf. Was giebt's?

KÄTHE fährt zurück. Hat Er mich doch erschreckt!

FERDINAND. Was will Sie?

KÄTHE. Ich? Nichts, gar nichts.[301]

GRUNDMANN. Sie wollte Sie nur fragen, was Ihnen fehlt?

FERDINAND. Was geht das sie an?

GRUNDMANN. Freilich geht es sie an – sie wird ja Ihre Mutter.

FERDINAND fährt vom Stuhl auf, faßt sie wild bei der Hand. Du? Sie? Die? Diese Kreatur –

GRUNDMANN. Respekt, Respekt.

KÄTHE schreit. O weh, er bringt mich um!

GRUNDMANN. Wie? Die Frau Mutter –

KÄTHE. Lass' Er mich los, sonst schrei ich, daß man es in unserm Dorf hört – dann kommt mein Hans.

GRUNDMANN. Bedenken Sie, das Mädchen ist Ihres Vaters Braut.

FERDINAND läßt Sie los. Braut?

GRUNDMANN. Wird Ihre Mutter.

KÄTHE weint. Nein, daß Er's nur weiß, das werd ich nicht, und sollt es mir das Leben kosten. Sein Vater ist alt, und gar nicht hübsch, aber dennoch hätt ich ihn vom Fleck weg geheirathet, weil er doch freundlich ist, aber den groben Herrn Sohn mag ich nicht – ich[302] gehe fort – ich bleib nicht in der Stadt. – Zwar wird mich der Vater einsperren bei Wasser und Brod – und alle Tage hab' ich meine Prügel – thut nichts, wenn ich sie nur weg habe dann wird er doch wieder gut, und nennt mich wieder seine liebe Käthe. – Dann will ich mich vor ihm hinstellen, und will ihn bitten, so wie man den lieben Gott um etwas bittet, Vater, will ich sprechen, ich will nicht reich und vornehm werden, ich will bei Euch bleiben, gebt mir meinen Hans. Er gibt mir ihn – ja – mir sagts mein Herz, er gibt mir ihn; dann bin ich glücklich und zufrieden, dann bringt mich kein Mensch mehr in die Stadt. Ab.

GRUNDMANN. Käthe – halt! – Zu Ferdinand. Was haben Sie gemacht? der Frau Mutter so zu begegnen? – Ich muß ihr nach, sie besänftigen, das Haus zu sperren – haltet auf, haltet auf! Ihr nach.

FERDINAND. Wie ist mir denn? Ist alles um mich her von Sinnen? Diese Dirne wäre meines Vaters Braut? Fällt alles von mir ab? Geliebte, Vater, Freund? – Wo er nur bleibt. – Ich Narr, ich Thor, ihn selbst noch dahin zu führen, da ich Rosaliens, da ich seinen Leichtsinn kenne. – Als er noch hier war, lief er jeder Schürze nach, jetzt hat er die Verstellungskunst in ein System gebracht, er lauert Schwächen ab, stimmt in jede Meinung – sein Verstand intriguirt, sein Witz glänzt, er hat gewonnen – ha, ha, ha, beim Teufel nein, er hat noch nicht gewonnen. Ich oder er, ihm bleibt nur diese Wahl![303]


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neueste Schauspiele. Band 9, Berlin 1821, S. 300-304.
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