Vierter Auftritt

[330] Räthin Elmen, Rosalie, Vorige.


RÄTHIN. Ohne Mutter-Segen?

JULIE. O, meine Mutter!

LANGERS. Es war nur eine General-Probe, und da wissen Sie wohl, daß oft das Nöthigste fehlt. Nimmt den Hut. Ich komme also jetzt erst ins Haus – erblicke die reizende Tochter – liege zu den Füßen der Mutter, und bitte, flehe um ihrer Tochter Hand –

FERDINAND schnell dazwischen tretend. Um Juliens Hand.

LANGERS steht auf. Wie er sich vor einem Mißverständniß fürchtet. – Ich bitte um die Hand derer – die laut es sagt, daß sie mich will.[330]

JULIE schlägt die Augen nieder.

LANGERS. Keine Antwort?

ROSALIE ruft. Sie will!

FERDINAND schnell. Ich bitte Sie, Rosalie, lassen Sie es die beiden Leutchen mit einander ausmachen.

LANGERS. Ach – ich verstehe, ich habe meiner sittsamen Braut zu viel zugemuthet. Also hier ist meine Hand, die einschlägt wird mein gutes, liebes Weib.

JULIE sieht ihn mit einem Blick voll Liebe an, und reicht ihm mit Grazie die Hand.

LANGERS. Sie will mich – sie nimmt mich – ihr Händedruck sagt mir, daß sie mich liebt. Mutter, geben Sie uns Ihren Segen, mein Fleiß wird uns viel Geld, und der liebe Gott viele Kinder geben, dann haben wir alles, was der Mensch zum Himmel auf Erden braucht.

RÄTHIN. Aber wie kam das so plötzlich?

LANGERS. Spiel der Natur – die allgemeine Nächstenliebe hat sich urplötzlich in die Allernächste- Liebe verwandelt, – das Feuer fällt vom Himmel, entzündet Wald und Felder, und eben so schnell trifft die Gewalt der Schönheit unser Herz.

RÄTHIN. Wenn das Feuer von der Art ist, daß es die Probe des Ehestandes aushält, meiner Tochter Glück gründet, aber nicht verzehrt, so bin es zufrieden.[331]

LANGERS. Das ewige Feuer ist nun freilich schon bei den Griechen verloren gegangen, aber solche Augen fachen es wieder an. Umarmt sie. Julie, wer ist glücklicher als wir?

FERDINAND UND ROSALIE. Wir!

LANGERS. Nein wir, wir!

RÄTHIN. Wer wird es am längsten bleiben?

ALLE. Ich – ich – wir sind, wir bleiben glücklich – selig.


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neueste Schauspiele. Band 9, Berlin 1821, S. 330-332.
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