CAP. XIII.

[77] Sie hatten sich aber kaum recht gesetzt, als der Wirth auß dem Garten zurücke kam, und so wohl obgedachten Mons. Storax, als auch etliche andere mitbrachte. Sie nahmen ihren Platz bey Tische, und stellten sich Anfangs gantz erbar. Endlich als Gelanor weg gieng, von etlichen guten Freunden Abschied zu nehmen, ward das Bürschgen lustiger. Da musten lauter Gesundheiten getruncken werden, und Florindo, der seine Lust an dem [77] Courtisan hatte, machte alles mit. Je mehr nun der Wein in den Kopff stieg, desto schärffer fieng die Liebe an zu brennen: also daß Herr Storax dem Florindo eine Humpe zutranck auf des liebsten Mädgens Gesundheit, er soff sie haustikôs auß, rieß damit das Halstuch ab, und verbrennte es auf Gesundheit über dem Lichte. Solches solte Florindo nachthun, der verstund sich endlich auf die Humpe, aber wegen der Hals-Krause bat er, man möchte ihm solche Thorheit nicht zumuthen. Das junge Fäntgen fragte wieder, ob man seine Liebste schimpfen wolte, und solches Knarren währete so lange, biß Florindo sich erbarmete, und mit seinen fünff Fingern auf seinem Backen spielete; da wolten zwar die andern zugreiffen, allein der Mahler hatte die Diener schon aufgeboten, die sich in voller battaille ins Mittel schlugen, und den armen Stutzer ohne Hals-Krause dermassen koberten, daß er seines Kusses und seines Balsambüchsgens hätte vergessen mögen. Letzlich machte der Wirth Friede, und da ließ der gute blau-augichte Storax seines Unglücks ungeacht die Stadtpfeiffer hohlen, und spendierte einem iedweden einen Thaler, daß sie vor der Liebsten Thüre ein Ständgen machten. Dazumahl war das Lied noch neu: Hier lieg ich nun, mein Kind, in deinen Armen: das muste nun ein Discantist mit heller Stimme in eine Baßgeige singen. In währendem Liede will Storax nach seiner Amaryllis sehen, ob sie auch im Fenster audienz gäbe, tritt darüber fehl, daß er mit seinem gantzen Ornat in die Pfütze fällt. Da machte eine Magd gegen über diese Parodie: Hier liegt mein Schatz im etc. biß an die Armen. Solches sahe der Mahler, und referirte es seinen Principalen, welche sich allsachte schickten, den folgenden Tag auffzubrechen. Was aber Florindo vor Lehren von seinem Hoffmeister wegen der possierlichen Begebenheiten hat anhören müssen, ist unnöthig zu erzehlen. Denn es kan ein iedweder verständiger Leser die abgeschmackten Thorheiten selbst mit Händen greiffen. Eins war bey dem Gelanor abzumercken, daß er zurücke dachte, wie er in seiner blühenden Jugend der Liebe auch durch die Spießruthen gelauffen, und dannenhero die gute Hoffnung[78] hatte, es würde sich auch mit diesen jungen Liebhabern schicken, wenn sie die Hörner etwas würden abgelauffen haben. Und in diesem judicirte er nicht unrecht. Denn die Liebe ist bey einem jungen Kerlen von 15. Jahren gleichsam als ein Malum necessarium, wer auch damit zu derselben Zeit verschont bleibt, der muß hernach Haare lassen, wenn er älter wird, und mit grösserm Schimpff solchen Eitelkeiten nachsetzet. Wohl dem, der das Medium oder Teutsch zu reden, die Masse halten kan.

Quelle:
Christian Weise: Die drei ärgsten Erznarren in der ganzen Welt. Halle an der Saale 1878, S. 77-79.
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