Hochwehrter Leser.

Dieß Buch hat einen närrischen Titul, und ich halte wohl, daß mancher meinen wird, er wolle seine Narrheit daraus studiren. Doch es geht hier wie mit den Apothecker Büchsen, die haben auswendig Satyros oder sonst Affengesichte angemahlt, inwendig aber haben sie Balsam oder andre köstliche Artzneyen verborgen. Es siehet närrisch aus, und wer es obenhin betrachtet, der meint, es sey ein neuer Simplicissimus oder sonst ein lederner Saalbader wieder auffgestanden. Allein was darhinter versteckt ist, möchte ich denenselben ins Hertz wünschen, die es bedürffen. Uber Fürsten und Herren haben andere gnug geklaget und geschrieben: hier finden die Leute ihren Text, die entweder nicht viel vornehmer sind, als ich, oder die zum wenigsten leiden müssen, daß ich mich vor ihnen nicht entsetze. Den Leuten bin ich von Hertzen gut: daß aber etliche Laster so beschaffen sind, daß ich sie weder loben noch lieben kan, solches geht die Leute so eigentlich nicht an. Es ist auch keiner gemeint, als wer sichs annehmen will. Und diesem wünsch ich gut Glück zur Besserung, vielleicht wirckt diese Possierliche Apothecker-Büchse bey etlichen mehr, als wenn ich den Catonem mit grossen Commentariis hätte auflegen lassen. Plato hat gesagt: Imperare est legitimè fallere populum. Es scheint als müste man die Tugend auch per piam fraudem, der kützlichten und neubegierigen Welt auf eine solche Manier beybringen, drum wünsche ich nichts mehr, als die Welt wolle sich zu ihrem Besten allhier betriegen lassen. Sie bilde sich lauter lustige und zeitvertreibende Sachen bey diesen Narren ein: wenn sie nur unvermerckt die klugen Lebens-Regeln mit lesen[3] und erwegen will. Und wer will die Satyrische Art zu schreiben der ietzigen Zeit verbieten, da solches bey den klugen Griechen und Römern mit sonderbahrer Beliebung erhalten worden? Ich mache es ja so unhöfflich und unchristlich nicht, daß ich mich befahren müsse, als würden sich mehr daran ärgern als bessern. Vielmehr will ich die schreibsüchtigen Papier-verderber beschämen, welche unter dem Deckmantel der Satyrischen Freyheit, solche unverantwortliche Zoten vorbringen, darvor der Himmel verschwartzen möchte. GOtt der unbetrogene Hertzenkündiger bringe den leichtfertigen Menschen zum Erkäntniß, der unlängst den verfluchten und Henckermäßigen Klunckermutz in die Buchläden eingeschoben hat: gleich als wolte er die Abscheuligkeit der Unzucht allen erschrecklich machen, da er doch mit seinen leichtfertigen und unverschämten Umständen so viel junge unschuldige Gemüther geärgert hat, daß man ihm tausend Mühlstein an seinen Hals wünschen möchte. In Franckreich ist vor wenig Jahren eine Jungfer-Schule natürlich und ärgerlich gnug heraus kommen. Doch nun haben wir auch ein Buch, dabey wir den Frantzosen nichts vorwerffen können. Eine Schande ist es, daß solche Gewissenslose Drucker und Buchhändler gefunden werden, welche sich so viel mehr dieser Sünden theilhafftig machen, so viel mehr sie die Schand-Possen unter die Leute bringen. Nun ich wünsche noch einmal, GOtt bringe die Liecht-scheuende Fleder-Maus zum Erkäntniß, damit ihm die verdammten Bogen nicht einmahl auf der Seele verbrennen, und die böse Brunst, die er bey vielen erwecket, auf seinem Kopfe zu Pech und Schwefel werde. Er mag seyn wer er will, so weiß ich, daß ihn sein Gewissen eher verdammet hat, als die ehrbare Welt davon hat urtheilen können. Nun wie dem allen, hier lege ich dem Kerlen mit der Sauglocke was anders vor, daran er mag zierlicher schreiben lernen. Eines ist mir leid, daß ich die Sachen, welche meistentheils vor acht Jahren mit flüchtiger Feder auffgesetzet worden, weder übersehn noch leserlich abschreiben kan. Und dannenhero versehe ich mich unterschiedener Druckfehler. Inmittelst hätte ich Lust mich zu nennen, würde ich wegen meiner Verrichtungen leicht[4] entschuldiget seyn, wofern einige Nachlässigkeit an meinem Orte mit unterlauffen solte. So ist dieß meine Bitte, es wolle ein iedweder die Erinnerungen mit so gutem Hertzen annehmen, als gut meine Intention ist einem iedweden zu dienen. Erhalte ich den Zweck nicht, so soll mich doch der gute Willen ergetzen, welchen ich hierbey gehegt habe. Im übrigen habe ich dieß lange bedacht, gleich wie ein Schneider auß schlimmen Tuche kein gut Kleid machen kan; also würde ich von bösen Sachen kein köstlich Buch schreiben. Doch weil es einmahl geschrieben ist, so bleibt es bey der guten recommendation, lebe und urtheile wohl.

Quelle:
Christian Weise: Die drei ärgsten Erznarren in der ganzen Welt. Halle an der Saale 1878, S. 3-5.
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