XXXVII.

[52] Ich komme zu dem dritten Affect, welcher sich gleichsam in seine Klugheit verliebet / daß er an fremden Händeln was zu [52] censiren, daß ist / was zu tadeln oder zu verbessern finden wil. Und eben darumb belustiget man sich über andrer Leute Thorheit / weil man zugleich über seine bessere Klugheit erfreuet ist. Zum Exempel warum lacht man so über die alten Pritschmeister Verse / welche doch so elend und erbärmlich klingen / daß man darüber weinen / oder das kläglichste Lamento darüber setzen möchte? Gewiß aus keiner anderen Ursache / als daß einer die Verse seinen Gedancken nach besser machen kan / oder daß er doch mit Leuten bekand ist / von welchen er bessere gesehen hat. Ich kenne eine Frau / die allzeit gantz ernsthafftig daher gehet / und niẽmahls in Gesellschafften zu lachen geneigt ist: doch es galt bey guten Freunden eine Wette / ich wolte es zu wege bringen / daß sie hertzlich lachen / und die Sache hernach mit grosser Lust anderweit erzehlen solte. Hiermit gerieth ich mit jhr in ein Gespräche / und erzehlte / wie sich unlängst eine berühmte[53] Köchin angegeben / und wie schlecht sie in dieser Kunst bestanden wäre. Also brachte ich so viel absurda culinaria auff die Bahn / daß die Frau / welche von dieser Kunst fast Profession machen wolte / nothwendig in eine Betrachtung jhrer Klugheit / hierauff in eine Verwunderung der fremden Ungeschickligkeit; endlich in ein lautes Gelächter gelocket ward.

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Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 52-54.
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