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[77] Nebenst diesem lassen sich die Sprichwörter mit guter Manier vorbringen / absonderlich dieselben / welche etwas spitzfindig eingerichtet / und darneben in der gemeinen Conversation nicht gar zu unbekandt seyn. Wie ich mich den offtmahls wundere / woher so ein allgemeiner Consens durch[77] gantz Deutschland entstanden ist / daß viel Sprichwörter an einem Orte so wol als dem andern im Schwange gehen. Den daß man zum Exempel spricht / mein Felix ist mir aus dem Donaten gerissen / darinn läst sich die Erfindung leicht errathen / weil dieses Buch in allen Schulen bekandt ist. So giebt es auch etliche Redens Arten / welche auff bekandten Gleichnüssen beruhen. Doch warum spricht man allenthalben. Es bekömt dir wie dem Hunde das Gras / und nicht / wie der Kuh die Schindel-Nägel; Die Arbeit geht dir als wie Pech vom Ermel / und nicht / wie Hartz vom Mantel: Du bestehst wie Butter an der Sonne / und nicht / wie Speck hinter dem Ofen. Der lacht wie ein Bauer der ein Huffeisen gefunden bat / warum nicht wie ein Weitze-Bauer / der den scheffel um 4. Thaler verkauft hat. Der ist lustig wie der Hund im Ziehborne / [78] warum nicht wie der Bauer im Thurme. Und daraus siehet man / daß man sich einmahl müsse in einer Sache vergliechen haben. Sonderlich wen die Allusion auf eine gewisse Historie gehet. Wer hat es an allen Orten äusbracht / daß einmahl ein Goldschmieds Junge ziemlich garstige Gedancken gehabt? Woher wissen alle Leute / daß einmahl dem Cantori an einem gewissen Orte die Fackel aus geleschet ist? Wie haben es alle erfahren / daß des Groß Vaters Hund einmahl ohne Schwantz wieder nach Hause kommen ist: und was sonst vor Historien sind / die ich an allen Orten durch solche Allusiones gehöret habe.

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Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 77-79.
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