LVII.

[81] Es ist auch allerdings nicht zu verwerffen / wen bey der ungebundenen Rede etliche Lieder und Verse mit eingemischet werden / wie solches im[81] Politischen Näscher geschehen ist: den es steckt doch in den Reimen / und vornehmlich in den Liedern / die sich auf eine bekandte Melodey schicken / eine heimliche Ergetzligkeit: und solches um so viel desto mehr / weil die Abwechselung der Schreibart selbsten eine Lust macht / nach dem Sprichworte: Varietas delectat. Doch ist von nöthen / daß die Verse gantz ungezwungen gehen / und daß / wie allbereit in Nothwendigen Gedancken erfodert wird / alle Constructiones recht naturell, nicht anders als man in prosâ gewohnt ist / heraus fliessen. Den sonsten wird der Leser durch den harten Klang abgeschreckt / daß er sein günstiges Judicium etwas sparsamer verleihen muß.

Quelle:
Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 81-82.
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