LXIX.

[99] Was sol ich sagen? Ich weiß wol / es hat sich mancher an den Uberflüßigen Gedancken geärgert / dem ich solchen Eifer wol hätte schencken mögen. Doch / ob ich wol / ein Scriptum anonymum so eigentlich zu defendiren nicht auff mich nehme / so muß ich nur beyläufftig gedencken / daß überflüßig nicht alsobald unnütze genennet wird. Manche Complimente / mancher Glückwunsch / manche Solennität im Proceße / mancher Spantziergang / ja manches Exordium bey der Predigt ist überflüßig: aber der müste ein ungereimter Mensch seyn / der solchen wolgemeinten Uberfluß unnütze heissen / daß ist / der jhn von allen guten Wercken / vnd von der Pflicht eines gläubigen Christen ausschliessen wolte Und solches hat ein bekandter Freund in einer mir dazumahl unbewusten [99] Præfation etlicher massen erkläret / daß ich so eigentlich nicht sehe / was man darbey zu erinnern hätte. Nur dieses sage ich vor aller Welt: Ist es war / was mich etliche bereden wollen / daß ich der Jugend was nütze bin / und daß ich noch solche Worte im Vorrathe habe / darbey mich meine Untergebene verstehen / und sich selbst zu einer guten Nachfolge erbauen können; so habe ich das meiste meiner grünen Jugend zu dancken / welche sich an statt des müßigen Spatzierns / und anderer ungesunden Zeitvertreibungen / mit den überflüßigen Gedancken ergetzet hat. Ich wil es auch allen Jungen Leuten vorher gesaget haben / werden sie jhr Gemüthe durch keine lustige Erfindungen bey den müßigen Nebenstunden erqvicken / so werden sich[100] die Nothwendigen Gedancken ziemlich schwer und verdrießlich einstellen.

Quelle:
Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 99-101.
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