Das achte Capitel.

Guter Vorsatz vertilgt die Aergernus.

[851] Ein Mahler bey den Carmelitern.


Unehrbahre Gemähl, Bilder, Schriften, Lieder, auch Ketzer- und Zauberische Bücher, und Zeichnungen haben ein sehr schädliches Gift in sich, nicht nur Augen und Ohren, auch Hertzen und Seelen zu vergiften. Die seynd zwar gehörlos, stumm und ohne Leben, es lebt doch in [851] ihnen Cupido und Asmodäus, und haben anreitzende Verzauberungen. Aber wehe der Welt wegen der Aergernus, wehe auch dem Menschen, durch den Aergernus kommen. Matth. 18. v. 7.

Ein vortreflicher Mahler bey denen PP. Carmelitern, abgeschrauft von vielen Gefährlichkeiten, mahlet nichts, als heilige Gemähl, damit er allein im Guten seine Zeit anwendete. Diesen bekümmert ein Gemähl, welches er in der Jugend zur Aergernus der fürwitzigen Augen gemahlen, und vergeben. Sein Kummer klaget er in der Beicht seinem Beichtvatter mit dem Vorsatz, solches nicht allein bedaurend, sondern auch wann er es erhandlen konnte, dem Feuer zu opfern. Unterdessen verbliebe es ansehnlich in eines vornehmen Herrn Behausung; mit allen seinen Zähren konnte er nicht auslöschen jenes sein Gemähl, wiewohlen er vielmahl darüber geweinet.

Die Täg seines Lebens fliessen zum End, er beicht und bekennet alle seine Missethaten, sein Vorsatz war gut, seine Tugend löblich, sein Tod Christlich. Dannoch hat es wenig gefehlet, daß er nicht zur Höllen verdammet worden. Er erscheinet, und erkläret die Gefahr, die er vor dem Richterstuhl GOttes ausgestanden, da nicht wenig Verdammte ihr Verdammnus auf mich gelegt, sprach er zum P. Dominicus à JEsu Maria, dann mein Gemähl war ihnen zur Aergernus und Fall; diese schryen wider mich aus der Tieffe, aus der Höhe aber kommen mir zu Hülf viele Heilige, dero Bilder ich gemahlen zur Andacht des Volcks, diese erhielten mir die Gnad, daß ich so lang brinnen sollte, so lang mein Gemähl nicht verbrennet wurde. Er bittet diesen geistreichen Pater, einen gewissen Edelmann, welcher das Gemähl gehabt, zu bereden, er wolle es alsobald verbrennen; aus göttlicher Verordnung werden ihm seine zwey Söhn in einem Monath sterben, und er selbsten wird ihnen gleich nachfolgen, ein strenges Urtheil eingehen, wofern er solches zu thun sich weigern werde.

Der P. Dominicus eyferet die Aergernus zu vertilgen, und dieser Seelen zu helffen. Er beredet und beweget den Edelmann, jenes Gemähl eylends zu ver brennen; dannoch sturben ihm die zwey Söhn zur Straf der vorgestellten und behaltenen Aergernus. Er aber selbsten verbliebe im Leben, thut Buß, erhebet H. Bilder zur Abstraffung jenes unziemlichen Bilds, und wurde durch den verstorbenen Mahler lebendig zu einem heiligen Leben, und zum Ebenbild GOttes erneueret. Vita P. Dominici Carmelit. item F. Joseph Carmel. l. 4. c. 25. pereant ne perimant: dergleichen Aergernus sollen vertilget werden, daß sie uns nicht vertilgen.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 851-852.
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