Von dem Leben Mariä zur Zeit des Leydens und Tods Christi.

[476] 1. Als ihr Sohn mit den Apostlen das letzte Abendmahl halten, und sich zum Leyden und Tod bereiten wollte, nahme sie von ihm mit höchster Traurigkeit den letzten Abschied.

2. Als man ihn gefangen genommen, fälschlich angeklagt, erbärmlich gegeisselt, mit Dörnern gecrönt, und zum Tod verurtheilt, wurde sie von allem berichtet.

3. Als er das Creutz truge, und dem Calvari-Berg zugienge, kame sie ihm entgegen.

4. Als man ihn mit Näglen an das Creutz geheftet, hörte sie mit höchsten Schmertzen die grausame Hammer-Streich.

5. Als er samt dem Creutz in die Höhe aufgerichtet wurde, sahe sie ihn mit unaussprechlichem Mitleyden an.

6. Als er ihr den H. Johannes zu einem Sohn anbefohlen, hatte sie nicht allein ihn, sondern auch uns alle zu ihren Kindern angenommen.

7. Als sie sahe ihren Sohn unschuldiger Weis am Creutz sterben, hatte sie ihn bitterlich beweinet.

8. Da er würcklich gestorben, hatte sie sehen müssen, wie seine allerheiligste Seiten mit einer Lantzen durchstochen worden.

9. Als man ihm vom Creutz abgelöset, hatte sie ihn mit gröstem Schmertzen auf ihren mütterlichen Schooß genommen.

10. Nachdem sie ihn in dem Garten Getsamani hat helffen in das Grab legen, gienge sie vom Grab gantz traurig zuruck, und begabe sich in die Einsamkeit ihres Bett-Kämmerleins.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 476.
Lizenz:
Kategorien: