36. Danck vor Nichts zu Hofe

[148] Wenn dir ein Staatsmann viel verspricht,

So zeige keinen Zweiffel nicht,

Und neige dich vor jeder Lügen;

Nimm an die Wort' als eine Gab',

Und das er nicht viel Mühe hab',

So hilff' ihm selbst dich zu betrügen:

So find'st du endlich in der That,

Dass der dir dient,1 der dir nicht schad't.


Fußnoten

1 Dass der dir dient. Und dieses ist der grösste Dienst, den man nach vielen Kniebeugungen von den meisten Hof-Leuten zu erwarten hatt, nicht dass sie sich bemühen solten, um dir befoderlich zu seyn, sondern dass sie keine Mühe nehmen, um deine Befoderung zu verhindern.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 148.
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