26. An den berühmten Clito

[298] Du sorgest, dass dein Ruhm auff Erden nicht vergeh',

Und jeder nennet dich ein Wunder seiner Zeit;

Wo aber bleibt die Ewigkeit?

Was hülffts der Rhone woll, dass durch den Genfer See

Sie Rein und unvermischt1 ihr stoltzes Wasser führt;

Weil sie sich letzt im Meer verliert.


Fußnoten

1 Sie rein und unvermischt. Ob gleich diese Sache von den neuesten Reise-Beschreibern, als Spon und Burnet wiederleget worden; so ist es doch genug, dass sie insgemein von den Leuten vor wahr gehalten wird, um sich derselben in einem Gedichte zu bedienen: insonderheit, wenn die Zueignung so nachdencklich und so verständlich ist. Kein Fluss in der That eilet so sehr nach der weiten See, als unser zeitliches Leben nach der unendlichen Ewigkeit.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 298.
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