16. Auf den Kayser Nero

[256] Dass auf der Leyer Nero schlägt,

Indem er Rom in Asche legt;

Dass er der grimmen Gluth ein künstlich Lied vorspielt,

Und gleiche Lust zugleich in Ohr und Auge fühlt;

Das zeigt sein böses Hertz, das nichtes kan erschüttern:

Er lacht, und seine Seiten zittern.1


Fußnoten

1 Er lacht und seine Seiten zittern. Dieser Sinnschluss besteht in einem zweydeutigen Wort, welches in einem Verstande wahr, in dem andern aber falsch ist. Denn dass die Seiten zittern, wenn man auf der Leyer schlägt, ist so wahr; als es falsch ist, dass sie aus Furcht zittern solten. Bella falsitas, plausibile mendacium; et ob eam causam gratissimum, quod excogitatum solerter et ingeniose. Vavassor lib. de Epigr. Ob nun gleich dergleichen Vafrae et Ludicrae Conclusiones, wie sie Seneca nennet, in einer Uberschrifft nicht allein Raum, sondern auch ihre Annehmligkeit haben, so wäre es doch Thorheit, wenn man sich derselben in einem Helden-Gedichte gebrauchen wolte.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 256.
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