37. Sophonisbe an den Syphax[271] 1

Fürst, deine Noth ist gross, doch kleiner als mein Schmertz',

Dein Fessel rührt dir nur die Füsse, mir das Hertz';

Ach hatt' ich Masiniss, so wie er dich gefangen!

Doch weil das Schicksall tauscht, so zähm' ich mein Verlangen,

Und thue was er heischt von schnöder Hoffnung satt:

Er schliesst den Kercker auff,2 und ich das Thor der Stadt.


Fußnoten

1 Dass die erste kleine Helden-Briefe mit den folgenden Knittel-Versen nicht zu einer Zeit geschrieben sind, wird ein jeder leicht von sich selbst abnehmen können. Ich habe in der That den einfältigen Ernst der Jugend in den Ersteren, bey heranwachsenden Jahren in den andern selber verlachen, und mit diesen den Leser auf meine eigne Unkosten mit besserm Fug belustigen wollen, als es Scarron in Franckreich oder Cotton in England auf eines andern, und zwar des zweiten Vaters aller Poeten, gethan hat.


2 Er schliesst den Kercker auf. Masinissa wolte den Syphax nicht in Freyheit setzen, es sey denn, dass ihm die Schlüssel zu Cyrtha eingehändiget würden.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 271.
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