37. Auf Tullia

[192] Verfluchte Tullia, die in der grimmen Nacht,

Da mit der Geilheit einst die Herschsucht sich vermischte,

Des Vatern Tod beschloss', und ihren Mann mit Macht

Zur ungeheuren That in erster Wuht anfrischte;

Die küssend Lieb' und Hass1 zugleich in ihm erweckte,

Und keine Ruh' empfand, biss wieder die Natur

Des Ehmanns blutig Schwerdt ins Vaters Hertze steckte,[192]

Und liegend unter dem, sie über diesen fuhr.2


Fußnoten

1 Lieb' und Hass. Liebe gegen sich, und Hass gegen ihren Vater.


2 Und über diesen fuhr. Dass Tullia über ihres Vaters blutigen Cörper nach dem Rahthauss gefahren, ist aus den Römischen Geschichten bekant.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 192-193.
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