7. Auf Pelion den Staatsmann

[173] So offt als Pelion von Staats-Geschäfften spricht,

So zeichnet er zu erst in seinem Angesicht

Den Grundriss' seiner Red'; Er hustet, und hernach

So führt ein langsam Wort die andern auf die Wach',

In welchen der Verstand, als Feur vom Stahl,1 sich weiset

Und unter fremden Nahm',2 als grosse Herrn, reiset:

Der Schluss ist so versteckt, die Meinung so verdreht,

Dass man ihn minder nie versteht, als wenn er redt.3


Fußnoten

1 Als Feur vom Stahl. Weil es sogleich verschwindet, als es sich zeiget, und niemahls ein beständiges Licht nach sich lässt.


2 Und unter frembden Nahm'. Oder wie man insgemein saget incognito.


3 Als wenn er redt. In der aller ersten Ausgabe war der Verstand dieser Worte also ausgedrücket.

Das man ausdrücklich findt dass er in Ziffern redt.

Man hat aber nachgehends besorget, dass diese Worte wie die in Ziffern geschriebene Briefe bey vielen einen Schlüssel würden vonnöhten gehabt, und man folgends selbst denselben Fehler, den man einem andern vorrückt, so gleich in der Bestraffung würde begangen haben. Auf folgende Art aber bild ich mir ein, dass ein jeder den Einfall begreiffen würde.

So dass man findt, weil er die Worte so verdreht,

Dass wie er offtmahls schreibt in Ziffern, auch so redt.

Was im übrigen diese Art in Ziffern zu reden anlanget, so scheinet es dass diejenige, die sich derselben gebrauchen, sich den Tiberius zum Beyspiel vorgesetzet, welcher diese Kunst aus dem Grunde verstanden. Tiberio, sagt Tacitus, etiam in rebus quas non occuleret, seu natura, sive adsuetudine, suspensa semper et obscura verba: Nitenti vero ut sensus suos penitus abderet, in incertum et ambiguum magis implicebantur. Annal. lib. 1.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 173.
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