16.

Wie meyer Erich von seinem herren fast wol begabt ward, inen von newem auff seinem hoff bestetigt, ihm alle güter zů einem erblehen übergeben thůt.

[308] Hermanus der kauffman hat ein gůtes mal zůbereiten lassen, darzů vil erbar leut berůffen. Als nun die zeit kam, yederman erscheinen thet. Als man nun das handwasser genommen und zů tisch gesessen, haben sie gott dem herren lob und danck gesaget umb die narung, so er inen täglichen bescheret. Alsdann brachten die diener das essen nach ordnung gar köstlich und wolbereitet; der tranck in schönen credentzen und trinckgeschirren fürgetragen ward. Erich sampt seinem weib sassen auch zůgegen.

Als sie aber jetzund inn mitten essens waren, fieng Hermanus der kauffman vor ihn allen an zů reden unnd sagt zů seinem meyer: ›Mein allerliebster und allergetrewester diener Erich, mir ist unverborgen deine getrewen unnd fleißsigen dienst, so du jetzund biß in die zwentzig jar inn meinem dienst verricht hast, dieweil ich auß teglicher erfarniß abnemen můß, das mein hoff, auff welchen ich dich gesetzt hab, sampt den zůgehörigen güteren größlich zůnimpt und mir der zeit her grossen nutz bracht hat, darzů an allen meinem vieh keinen abgang, sonder grossen wůcher befunden hab, so das ich desselbigen ein grosse anzal verkaufft hab. Dieweil ich nun betracht unnd billich bedencken soll, das gott der herr denjenigen, so groß gůt besessen hand, zům offtern mal durch ire diener solchs gemert und groß gemacht hatt, (dann Laban ward glückhafft in allem, das er anfing, dieweil im Jacob, sein tochterman, dienet, also auch Potiphar groß glück von Josephs dienst überkam) diß alles ursacht mich zů bedencken, daß mir sollich glück auch von gott beschert sey, und das er mir meine güter durch dein getreuwen dienst gemehret hab. So wöllest mir, mein lieber Erich, anzeigen, wie vil du noch viehes auff dem hoff habest, es sey gleich groß oder kleines, alsdann mir den halben theyl von gemeltem vieh zůstellen, den anderen halben theyl für dein eygen gůt behalten. Also auch mit aller frucht, so du inn dem blůmen noch auff dem feld hast, auff acker und wysen, will ich in gleichem mit dir[309] abtheylen unnd dir volgens all mein güter sampt dem hoff umb ein leidlichen zinß zů einem erblehen dir unnd deinen kinden zůstellen. Des will ich mich zůgegen diser herren und gůten freunden übergeben unnd versprochen haben.‹

Darauff bote Hermanus seinem meyer Erichen und seinem weib Felicitaß die recht handt zů einem glaubwirdigen zeychen seiner zůsagung. Wer was frölicher dann Erich und sein gemahel? Die sich vormals einer schweren rechnung versehen hatten, die bekommen jetzund eygen viech. Ihn thet die freud so nach zů hertzen gohn, das sie beide hertzlich anhůben zů weinen; sie wußten auch vor grosser freud weder herren noch frawen zů dancken. Sie aber beflissen sich hernach, als sie auff den hoff kamen, das sie in allen treuwen haußhielten und gott allzeit umb sein verlihne gůthat danck sageten. Es was alles glück, so sie anfingen. Das weret so lang, biß ir son Lewfrid wider zů land kam; do ward ir stand noch vil gebessert.

Jetz kommend wir wider an Lewfriden.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 308-310.
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