64.

Wie Lewfrid im vil kurtzweil nam mit seinem pracken und dem lewen Lotzman, unnd wie er einem hirschen mit dem lewen nacheylet, von welchem er in einem schenckel verwundet ward.

[426] Als nun Lewfrid mit seiner liebsten Angliana inn grossen freuden lebet, darneben in aller gotsforcht sich beflissen, nam[426] im Lewfrid offt zů müßiger zeit für, mit seinem pracken und Lotzman dem lewen freud unnd kurtzweil zů sůchen in den lustigen grünen welden, darinn er manig stuck hochwild mit seinem lewen und pracken außspüret und erlegen thet.

Eines tags begab sich, das Lewfrid im wol gedacht, Angliana wird jetzund ir ziel schon erreycht haben. Darumb befliß er sich täglich mit seinem pracken und lewen, das hochwild in dem wald zů sůchen. Einsmals kam sein prack einen mechtigen haupthirschen an, dem satzt Lotzman der lew dapffer zů. Lewfrid sprang von seinem pferdt, zucket sein schwein-schwerdt, damit er den lewen möcht entsetzen; dann er sorgt, der hirsch möcht im schaden fügen. Der hirsch aber, sobald er das glantzend schwerdt ersehen, hatt er sich eilens zů Lewfriden und gentzlich von dem lewen gewendet, Lewfriden mit den fordersten enden seines scharpffen gehürns dermassen inn seinen rechten schenckel gewundet, das er gantz hefftig an hat gefangen zů blůten. Er ist behend von seinem lewen gerochen worden; der ergriff den hirschen gantz grimmig in einer seitten und riß im die gar weit auff, daß ihm sein geweid zůr erden fallen und eilens todt was. Lewfrid aber von dem grausammen blůt, so von im lieff, gar schwach ward, wider auff zů roß saß, wie er mocht, zů einem külen brunnen reit, sich ein wenig mit dem frischen wasser zů erquicken. Ab von seinem pferdt stundt, des wassers schöpffet und ein frischen trunck thet, ein wentzig wider zů im selb kam, seine wunden mit gůten heilsamen kreuteren verband und verstopffet.

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Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 426-427.
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