67.

Wie Lewfrid groß leyd umb seinen schwäher trůg, und wie er nach seinem vatter und můter, auch etlichen geschwisteren schicket; der kauffman sampt seinem son wider heim zů hauß ritten.

[429] Die gůt pfleg und wartung, so Lewfriden täglich bewisen wurden, haben in in kurtzen tagen wider zů seinen verlornen krefften gebracht, so ist er auch seiner empfangnen wunden gantz genesen. Noch was im der todt seines schwehers gantz[429] verborgen, biß auff einen tag ward er sein haußfraw zů red setzen, was ursach doch semlichs hindert, das der alt herr in so gar nit in seiner kranckheit besucht het. Von disen worten Angliana gar hart betrübt ward, fing an kleglichen und bitterlichen zů weynen, erzalt damit Lewfriden alles, das sich der zeit verloffen hat. Da Lewfrid solichs vernam, gehůb er sich dermassen so übel, das meinigklich in sorgen stund, er wird sein in ein schwärere und grössere kranckeit vallen, dann die vor gewesen were. Derhalben in der kauffman und sein son, desglichen Angliana, so sie best mochten, trösten wurden. Lewfrid aber klagt nicht meer darumb, das er in vor seinem end nicht noch einmal het sehen mögen.

Zůlest nam er im für, nach seinem allerliebsten vatter zů schicken, desglichen nach seiner můter, so noch mit etlichen seinen geschwisterten uff vilgedachtem meyerhoff in grosser arbeit ir narung gewinnen můßten. Daruff machet Lewfrid sein ordnung geschwind, schicket zwen seiner vertrewtisten diener nach ihnen. Die kamen in kurtzen tagen dahin, wurden ir bottschafft gantz fleysig außrichten, davon die zwey alten menschen hertzlich erfrewt wurden. Sie verkaufften eilens, was sie hatten, viech, acker und wisen, hauß und hoff, machten das alles zů parem gelt. Da befand der gůt Erich erst, wie reich er was; dann er eine zimliche narung oder parschafft zůsammenbracht. Nam urlaub von seinen gůten fründen und nachbauren und reit mit grossen freüden mit seines suns dienern darvon. Als sie nun zů Lewfriden kummen, seind sie gar früntlich von im und seiner gemahel empfangen worden, desglichen von allem seinem hofgesind.

Gar kurtz darnach haben sich gemeine räht zůsammengeton und Lewfriden undersagt, dieweil der gůt alt herr also durch unvellichen zůval umbkummen were, hoch von nöten, das er im jetzund hulden und schweren ließ, dieweil im die gantz graffschafft von wegen seiner gemaheln zůgevallen were. Bald darnach ließ Lewfrid sein ordnung geben in allen flecken und stetten, satzt eim yeden sein tag an, auff welchen er kummen wolt, den eyd von inen empfahen; das dann in kurtzen tagen also volnzogen ward. Demnach ordnet Lewfrid[430] zů hoff alle sachen auff das allerbest, gebodt auch allem hoffgesind, das sie all in gemein seinem vatter und seiner můtter zucht und eer beweisen solten, sie in keinem weg dest geringer achten, darumb das sie einfeltige arme baursleüt weren; dann er hette dannocht fleisch und blůt von in empfangen; das im aber got zů solchem hohen stand geholffen, het er im größlich umb zů dancken; dann er het sunst auch in den ackern seine narung suchen müssen: ›Aber gott hat mich auß seiner gnedigen fürsehung dahin kummen laßen, so das ich meinem vatter und meiner můtter auch zů statten kummen mag. Des ich und ein jeder nach dem götlichen gesatz schuldig seind zů thůn, so mir anders lang leben wend in dem land, so uns der herr geben wirt, wie er selb in den zehen gebotten verheissen.‹ Diß und anders ward dem hofgesind fürgehalten. Sie kammen auch solchem befelch gantz geflissen nach. Es ward auch hirt Erich und sein weib von irer sunsfrawen Angliana in hohen ehren gehalten, deßglichen von irem sun Lewfriden; dann er in grossen freüden mit ihnen lebet.

Als nun der kauffman auff ein fierteil eines jars bey inen gewesen, nam er sampt seinem sun urlub von Lewfriden. Walter aber sagt im zů, in kurtzer zeit wider bey im zů sein. Dann es hat Angliana ein schöne junckfraw an dem hoff, so von gůtem adel geborn, sie aber war fast arm; derselbigen ward Walter fast günstig. Semlichs zeigt er seinem gesellen Lewfriden an. Davon gewan er ein sundere große freüd; darzů sagt er Waltern, wann er wider zů land kem, wolte er im die zů einer gemahel geben und in demnach zů seinem hofmeister annemen. Des Walter seer wol zůfriden was. Er reit mit seinem vatter heim, saumpte sich aber nicht lang, machet seine ordnung, damit er bald wider zů Lewfriden mögt kommen, seinem lieben brůder.

Da semlichs sein vatter und můter mercken wurden, gedachten sie wol, Walter wird nit mehr von Lewfriden kommen. Derhalben namen sie in gentzlichen für, alles ir gůt, so sie hatten, zů barem gelt zů machen und in Lewfriden graffschafft zů ziehen, wiewol sie irem son Waltern gar nicht darvon sagten. Aber Lewfriden schriben sie von disem anschlag,[431] davon er nit minder erfrewt ist worden, als da ihm sein liebster vatter und můter zů hauß kommen waren.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 429-432.
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