24.
Wie die beyde junckfrawen iren rittern durch listige weg die erst ursach irer liebe zů wissen thůndt, und die ritter auff dem weydwerck geritten seindt.

[251] Gar wenig schlaffen kam disen beyden in irem sinn, mit grossem verlangen des zůkünfftigen tags erwarten můsten. Alsbald nun der sonnen glantz den morgenstern seinen schein benummen und verdunckelt hat, unnd yetzund iren spreißigen kopff hinder den hohen gipfflen herfürrag, die beyden jungen[251] ritter von irer rhů auffstunden, irem fürnemmen ein end zů geben sich rüsteten mit allem, so in zu dem federspil und weydwerck dienstlich was, wiewol in die fasandt, reyer und räpphüner nit so vil anlagen als das unschuldig turteldeüblin, das dann schon zů solchem schimpff verrathen was.

Die jungen ritter den tag so mit grossen freüden nit erlebt hatten, Philomena und Rosamunda gleich so vil freüd davon empfiengen; so bald den tag nit ersehen hatten, auffstunden. Philomena ihrer Rosamunda mit grosser begier warten thet, die nit lang außen was, zů der junckfrawen Philomena gemach sich füget, gantz still anklopffet. Die junckfraw on alles rumor die thür so heymlichen auffschloß, das ihr eygene kammerein des nit warnam. Philomena die kammer in still wider verriglen thet, sich in ein heymlichs stüblin, so in ihrem gemach was, setzten, anfiengen einen brieff zů schreiben, in welchem sye den beyden jungen rittern den anfang unnd erst ursach irer liebe zů wissen thetten (welches lange weil nem zů schreiben, auch verdrießlich wer zů hören, dieweil ir sein nach der lenge vornen her bericht seind). Als nun der brieff vollendet, ein yede junckfraw ir underschrifft an den brieff schreiben thett, auch mit beden bittschieren verschliessen thetten.

Als sye nun semlichs vollendt hatten, Rosamunda anhůb und sprach: ›O gott, ich bitt dich, wöllest heüt den botten, so disen brieff füren soll, in sicherem und rechten weg geleyten, dieweil du doch erkennest uns ein erliche liebe zůsamen tragen, in deren kein falsch noch betrug nymmer gespürt werden soll. O herr, schaff, das diser brieff nyemandts anders dann disen zweyen edlen rittern zůhanden kumm! Des wir dich von gantzem hertzen bitten wöllen.‹ Als nun Rosamunda die wort vollendt, sprach sye: ›O mein allerliebste junckfraw, ich můß euch bekennen, das mich, dieweil und wir die beyden ritter anfiengen lieb zů haben, nye mer sorg unnd angst umbgeben hat. Dann so ich betracht, was grosser gfar uns uff disem handel stat, so umbgibt mich forcht allenthalben;[252] dann ich weyß mich allein an dem ein anfengerin und ursach sein, dieweil ich mit erst den raht mit dem falchen geben hab.‹ – ›Ach gott‹, sprach Philomena, ›womit bekümmerst du dich doch, das du dir ein semlich forcht auffladest bevor meinethalb! Ich bitt dich, schlag semlichs als zůruck unnd hab meinenthalben gantz kein unmůt! Und ob sich schon begeb, das der falck mit dem brieff zů meinem brůder, dem künig, käm und er mich darzů beschicket, mir das also fürhalten würd, so wolt ich mich unerschrockenlich darstellen und im die sach gantz bekennen. Wolt er dann ye meynen, meinem ritter ettwas schmach anzůlegen, und in mit einicherley underston zů straffen, müste er warlich die händ mit erst an mich legen. Und ob aber ein seehlisches nit von im beschech, wolt ich mich warlich mit eygner hand in gleichem straffen, wie mein allerliebster ritter gestraffet würd. Des ich aber hoff alles vermitten bleiben soll.‹

Die junckfraw Rosamunda von der trostlichen red Philomene ettwas hertz empfahen thet, anfieng unnd sprach: ›Allerliebste junckfraw, ir sond keinswegs gedencken, das ich meiner person halb einicherley entsetzens hab. Dann ich, wie ihr sprechen, von meines ritters wegen den todt in keinerley weg fliehen wolt; wie möcht ich doch ymmermer on in leben, dieweil ich ihm mein hertz für eygen geben hab! Es müst mich aber ymmer rewen die schönen und züchtigen jungen ritter, so in ettwas übels zůhanden gon solt, ja vil mer, dann so es mich selb belangen würd. Dann gewiß were es, so ewer brůder diß brieffs sichtig würd, es warlich mißlich umb uns zůgohn dörfft. Dieweil ihr mich aber, allerliebste junckfraw, also mit dapfferem unnd unerschrockenlichem hertzen trösten seind, wie möcht ich dann die sach mit verzagtem gemůt underston! Eh will ich darumb leiden alles, das mir gott unnd das gelück zůsendet.‹ – ›Das thů frölich‹, sprach Philomena, ›unnd laß dich gantz nichts daran verhindren!‹

Mit disen worten sye auffstunden. Philomena kamerin sich erst anlegt; als sye Rosamunda ansichtig ward, kundt sye sich nit gnůg verwundren, wie sye hineinkummen was, yedoch nit fragen wolt. Also Rosamunda urlaub nam, irem geschäfft nachgieng, zůhand in ihr kammer kam, zů vilmalen das fenster[253] auffsperret und besehen thet, ob sye doch ires ritters nit ersehen möcht.

Nit lang stund, die beyden jungen herren on alle andre gesellschafft geritten kamen, ire falcken zůhanden fůrten. Die junckfraw das deüblin bald under iren laden setzt. Der ritter dem falcken sein haub abzoch, ihm die dauben under dem fenster weiset. Der falck sye bald ersehen hat, darauff schossz, in seine klawen grimmiglich erwischet. Die junckfraw dem vogel züsprach, welcher ihr mit willen erwartet. Sye inen zůhanden nam, der ihr gantz williglich vergunt mit im zů handlen. Die junckfraw ihm den brieff an sein gefessz band, inen, als er die dauben yetzundt gar gfressen hat, wider in das fenster trůg. Der ritter mit seinem lůder dem falcken zů im rüffet, der sich nit lenger saumet, wider zů seinem herren geflogen kam, den brieff on alles übel seinem herren bracht. Der mit grossen freüden den brieff von seinem gefessz nam, seinem gsellen den vogel zů den seinen gab, anhůb den brieff auffzůschliessen, seinem gsellen und im selb den brieff zů vilmalen lesen thet. Darnach dem weydwerck mit grossen freüden nachhangten, biß sye nach irem willen ersettigt waren, frölich und wol zů můt wider heym zů hauß geritten kamen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 251-254.
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