3.
Wie Gernier der ritter, Gabriotto und Reinhart das nachtmal mit einander nemmen unnd iren sachen nachzůkummen rahtschlagten.

[196] Wol zů můt was Gabriotto, als er vernam, das Reinhart, sein gesell, mit im auß Pareiß an andre herrenhöff ziehen wolt. Sobald er zů seinem vatter kam, im alle verloffne sachen zů wissen thet. Des der vatter nit minder freüd nam, Reinhart freündtlich batt, seinem zůsagen nachzůkummen. ›Edler ritter,‹ sprach Reinhart, ›ehe dann morgen die sonn zů genaden kumpt, ir sehen solt, weß gemüts ich sey. Dann so mir gott der allmechtig gesundtheyt verleicht, ich mich minder von meinem fürnemmen wenden laß, dann sich das wasser zů berg laßt treiben.‹

Mit solchen worten der tisch bereyt was; wasser über die händ namen, zů tisch sich nydersatzten, mit dancksagung gott dem allmechtigen frölich anhůben zů essen. Gernier erst alls seins unmůts vergessen thet, in ihm selbs gedacht: ›Nun weyß ich, wo mich das gelück mit solchen zweyen schönen jünglingen hinbringt, nit lang stohn würt, ich mit sampt inen dienst bekummen soll.‹ In solchen gedancken die beden jüngling ansehen thet. Des Reinhart bald warnam, den ritter fraget, was er in solchem seinem sehen gedacht hat. Dem Gernier der ritter antwurt: ›Mein allerliebster Reinhart, des solt du dich nit verwundern. Dann ich in mir selbs meinen alter betracht hab, dargegen ewer beder vermůgliche jugendt; dabey gedacht, wo wir drey mit einander hinkummen, wir bald dienst haben werden; dann euch bed mein alter und mich ewer beyder[196] jugendt fürbringen würdt. Ich holl auch, wir alle drey noch zů hoben eren und würden kummen werden.‹

Gabriotto anhůb und sprach: ›Mein allerliebster vatter, ich bitt, uns sagen wöllest, wo doch dein fürnehmen zů dem ersten hinstand zů reysen.‹ Der vatter anhůb und sprach: ›Mein son, wer wol der Portugaleser sitten und wesen zů erkunden, darnach das künigreich Schotten zů besehen, wo euch solche reyß nit zůwider sein wolt, demnach uns in Engelandt an des künigs hoff zů Lunden dienst zů sůchen; dann ich dem selben künig viel gůts hör verjehen. Welcher aber eunder euch ein bessers meynt zů erkiesen, mag das auch nach seinem willen anzeygen.‹ Reinhart, der ein freüdiger jüngling was unnd nit wenig lust hat vil ding zů erfaren, anhůb unnd sprach: ›Edler ritter, ich laß mich beduncken, wie ir vast wol geredt haben. Darumb ich mich keines andren anschlags underston will. Dann so Gabriotto meines gemůts ist, würt im diser noch ander weg nymmer zů weit noch schwer sein; dann so ferrer ir zichen, so lieber mirs sein soll.‹ Gabriotto der anschlag auch nit minder gefallen thet.

Mit solcher red das nachtmal volendet haten, auffstunden, in einen schönen lustigen garten, die speiß abzůtewen, spacieren giengen, demnach zů bett sich niderlegten, die nacht mit gůter rhů vertreiben theten.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 196-197.
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