35.
Wie Reinhart von dem künig in dem frawenzimmer: funden ward, was der künig mit im redt.

[280] Als nun Reinhart ein lange zeit mit trauren unnd klagen vertreiben thet, sich eines tages begab, das er mit seinem gselmit Gabriotten in das frawenzimmer gieng. Da sie Philomena mit allen iren junckfrawen funden sitzen, nit wenig freüd empfiengen, allein das sie einander ansehen solten. Als aber nun die falschen zungen, so dem edlen Reinharten täglich auffzetzig waren, ein semlichs vernummen hatten unnd namlich der falsch Orwin, welcher dem ritter zůvor neidig und auffsetzig war, derselb zů stund wargenummen hat, das Reinhart in dem frawenzimmer was, derhalben er sich bald zů dem künig füget, anhůb und sprach: ›Allergnädigster herr und künig, so mich ewer küniglich mayestet nit sunderlich verdencken wolt, ich euch warlich anleytung geb, damit ir Rosamunda und iren Reinharten bei einander funden.‹

Der künig anhůb und sprach: ›Orwin, du solt dich keins argen zů mir versehen; dann ich dir und manchem meinem diener solchen befelch geben hab. Darumb sag mir nur trostlich, wo ich den ritter finden mag!‹ – ›Gnädiger herr‹, sprach Orwin, ›es ist nit lang, ich ihn sampt seinen gsellen Gabriotten in das frawenzimmer gon sah; darinn ich sye zů vil malen unnd nun ein gůte zeit hab sehen sitzen und namlich Rosamunda und Reinharten ihr gesprech mit einander treiben.‹

Der künig von zorn in seinem angesicht erbrann, sich zůhandt in das frawenzimmer fügen thet, da er nach des ritters sag die beyden jungen ritter finden thet. Der künig sich mit grimmigem angesicht gegen dem ritter Reinharten keret, anhůb und sprach: ›Einem jungen ritter, Reinhart, als du bist, will nit gebieren, sein zeit also stetigs bei frawen und junckfrawen zů vertreiben. Ich rieht, du stündest solcher sachen, so du vor dir hast, mussig; anderst ich sag dir, du würst[280] größlich dein schaden thůn.‹ Mit dem sich umbwandt, von dannen gieng, im zůhandt fürnam, den ritter von seinem hoff zů verschicken, wo er Gernier nit besorgt hett zů verlieren.

Als nun Reinhart von des künigs worten nit ein kleinen schrecken empfangen hat, dergleich die beyden edlen junckfrawen, den worten ernstlich nachtrachteten, in grossem leyd stunden; die beyden jungen ritter urlaub von den junckfrawen uamen, von dannen schieden, nit wußten, was in in der sach zů thůn wer. In dem im der künig fürnam, mit dem ritter Gernier zů reden von wegen Reinharten, des jungen ritters.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 280-281.
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