36.
Der künig beschicket den alten ritter Gernier, befilcht im, Reinharten mit worten zů straffen seiner liebe halben, so er zů Rosamunda treyt.

[281] Der künig nach disen geschichten im ein gantz unrüigs hertz machet, der liebe des ritters stetigs nachgedacht, im fürnam, mit Gernier dem ritter zů verschaffen, das der jüngling von im mit worten gestrafft würdt, damit er von seiner liebe abstind; also schůff den alten ritter für in zů kuramen.

Sobald der ritter zů dem künig kam, der künig anhůb auff solche meynung mit im zů reden: ›Du weyst sunder zweyffel, Gernier, wie du in meinen hoff kummen bist, auch nun ein zeit lang eerlich und wol gehalten; also, wo du die warheyt bekennen wilt, nit klagen magst. Du weyst auch, seydher der zeit ich deinen son Gabriotten sampt Reinharten, seinen gesellen, zů ritter geschlagen, hab mir die sunderlich für ander mein hoffgesind erwölet, und so sie mir beyde fürthin also dienen wöllen, ich sye sunder zweyffel mit der zeit hoch begaben. Nun aber, Gernier, solt du wissen, das sich Reinhart gegen einer junckfrawen in lieb dermaßen entzündt hat, das ich sorg, er werd ihm dar durch groß unrhů anrichten und dardurch mein huld und gnad verlieren. Dann[281] die jünckfraw, so er lieb hatt, im an geburt zů hoch ist; dann sie ist eines mechtigen graffen tochter; deshalben ihr nit zimmen will, einen schlechten ritter zů haben. Nun aber laß ich mich beduncken, das stetig anhalten des ritters hab die junckfraw dermaßen dahin bracht, wo die sach nit bald fürkummen wer, sie weder stammen noch nammen bedencken würt und sich wider aller irer freünd willen mit dem ritter vertieffen, welches im dann nit zů gůtem erschiessen möcht. Dieweil nun aber die junckfraw mir an meinen hoff dermaßen vertrawt ist, das ich sye nach meinem besten vermögen bewaren soll, so ist mein bitt, Gernier, an dich, du wöllest unverzogenlich mit dem ritter reden und in von semlicher liebe abwenden, damit im nit mercklicher unraht daraus entstand. Daran thůst du mir sunderlich groß gefallen.‹

Gernier, der die wort des künigs wol verstanden hat, mit grossem schrecken umbgeben ward, als er den künig also hat hören reden; nit wol wust, was er darauff antworten solt, zůletst anhůb und sprach: ›Allergnädigster herr und künig, der red, so ich von eweren gnaden bericht bin, mich nit gnůg verwundren kan, dieweil ich nye an Reinharten ein solichs gespürt hab. Yedoch, demnach ir mir, allergnädigster herr, befohlen hand, will ich ernstlichen fleiß ankeren und, ob gott will, die sach in kurtzer zeit dahin richten, das sich ewer gnad hierinn keinerley weg bekümmern soll.‹ – ›Das thů‹, sprach der künig, ›dann mich der ritter nit wenig dauren würd, solt im ettwas leydts zůhanden stossen.‹

Mit den worten Gernier von dannen schied, Reinharten, den jungen ritter, sůchet, mit schweren gedancken beladen was; dann im Reinhart, der ritter, also lieb was, als wer er sein son gewesen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 281-282.
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