52.
Gabriotto würt von newem von dem künig verargwönet von wegen eines rings, so im Philomena geben hat, den die künigin an Gabriotten finger ersehen hat und das dem künig offenbart.

[322] Als nun die edlen und züchtigen jungen ritter mit grossen freüden wider an dem küniglichen hoff woneten, auch ir altes wesen mit mancherley kurtzweil wider an die haut namen und sich yetzundt gantz selig sein meynten, begab sich von ungeschicht ein new unglück, davon sie in grösser leyd kamen dann nye. Dann sich eines tags begab, das der ritter in der alten künigin frawenzimmer von dem künig geschickt ward. Die künigin, sobald sie den ritter erblicket, ihm ir handt bod und freündtlichen willkumm sein hieß. Dann sie in, von dem an er in Franckreich gewesen was, nye gesehen hat. Als aber der ritter der künigin sein handt bodt, so ersicht sie den ring, so im Philomena die junckfraw geben hatt, an seinem finger. Davon sie in ein grossen argwon fallen thet, ir[322] entlich fürnemen was, dem künig die sach zů entdecken, als dann geschach, wie ir nachmals vernemen werd.

Die künigin gantz stillschweygendt die sach vor dem ritter verbergen thett; alsbald sie aber zů dem künig kam, hůb sie also an mit im zů reden: ›Gnädiger herr‹, sprach die künigin, ›mich nimpt nimmer wunder, das ewer schwester Philomena so lang in trawren und verlangen ir zeit hat müßen vertreiben. Dann als mich beduncken will, so hatt sie lang zeit ires lieben bůlen manglen müßen. Darumb, gnädiger herr, zů sorgen ist, wo ir die sach nit bei rechter zeit fürkummen, sie werd sich selb mit einem mann versehen, es sei euch lieb oder nit.‹

Da der künig semliche wort von seiner frawen vernam, von grossem zorn sich als sein gemüt erschütten thet, wiewol er erstlich vermeynt die künigin die red erdacht haben. Darumb er ir dann mit zornigen worten antwort gab. ›Fraw‹, sprach er, ›von wannen kummen soliche erdachte und verlimpte wort? Wamit hat doch mein schwester ein solichs umb euch verdienet, das ir sye also underston gegen mir zů vertragen? Meynendt ir nit, das ich wiß, wamit mein schwester umbgang? Ich sag euch, gedencken mir solcher nit mehr, oder ir werdent mich in grossen zorn wider euch bewegen.‹

Die künigin von des künigs worten ettwas schrecken empfieng, yedoch fieng sie an also mit dem künig zů reden: ›Allergenädigster herr‹, sprach die künigin, ›ich bitt, mir ewer gnad verzeihen wöll und mir noch ein kleines vergunnen zů reden. Dann ich fürwar auß keinem neyd reden will, sunder euch das, so ich selbs erfaren hab, anzeygen.‹ Der künig als er verstund die fraw der sach ein wissen tragen, erlaubt er ir nach irem gefallen zů reden, was ir von seiner schwester zů wissen wer.

›Allergnädigster herr‹, sprach die fraw, ›es hat sich in kurtz verschiner zeit zůgetragen, das ir einen ritter ewers hoffgsinds nach mir in mein frawenzimmer geschickt hand. Derselb einen ring an seinem finger tregt, welcher nit eins kleinen werdt ist; dann ich in lang zeit in grosser achtung gehalten hab, bis ich in ewer schwester zů einem newen jar hab geschencket Darumb, genädiger herr unnd künig, ir mir meiner vorigen red verziehen und vergeben wöllen.‹[323]

Als nun der künig von der alten küngin soliche wort verstanden hat, ist er zůhandt in einen argwon gegen Gabriotto, dem edlen ritter, gefallen, hat also nit weiters von der künigin begert zů wissen. Er gedacht ihm aber mit allem fleiß nach, durch was weg er der rechten mähr möcht innen werden. In im selb gedencken ward, die ersten ursachen gewesen weren seiner schwester trawren und klagen, das der ritter sich so lang in Franckreich gesaumpt hette. Manchen grossen unnd schweren seüfftzen von seinem hertzen gon ließ, in im selbs gedencken ward, wie oder womit er doch Gabriotten, des edlen ritters, ledig werden möcht, aber keinen weg bedencken möcht, so on argwon zůgon möcht. Dann er allweg in sorgen stund, seiner schwester würd ettwas nachtheils darauß erwachsen: entweders sie würd dem ritter nit abston, sunder mit grossem zwang, also das sein menglich müst gewar werden, oder aber würd sie underston dem ritter durch heymlich und verborgen weg nachzůfolgen, welchs ihm dann zů grossem nachtheil gedient hett. Deßhalb im der künig fürnam, sobald er der ding waren und rechten bericht empfahen möcht, wolt er underston durch heymlich practick den ritter mit gifft umbzůbringen. Als nun der künig ein semlichs böß fürnemen wider den edlen ritter erdacht, auch mit im selbs gantz beschlossen hatt, ist er eylents zů raht worden, ein reyß zů thůn durch sein gantz künigreich, darab nun alles sein volck ein groß verwundren gehabt. Warumb aber das beschehen sei, will ich euch kürtzlichen zů verston geben.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 322-324.
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