28.
Wie beide vätter ire weiber zůsammen berůffen, alle sachen zů wissen thůnd. Amelia heimlich an einer klunsen stůnd, alle wort höret und dem jüngling zůschreibet.

[190] Die beiden herren kamen yetzund wider zů haus gon. Lasarus der jung was die zeit auff dornen gesessen; dann in wolt etwas ahnen. Er nam gar fleissig wahr, was die beide vätter sagen wolten, wann sie in den laden kumen würden. Als er sie aber beidsamen so gůts můts sah, gewann er auch wider ein frölich hertz. Reichart aber fieng an den gůten Lazarum mit gar verborgnen stichwörtlin zů vexieren. Zůletst kam er auch mit dem ringlin harfür, davon der gůt jung von newen dingen angsthafftig ward; dann er stůnd in grossen sorgen, der vatter würd frag nach dem ringlin haben, das aber zů disem mal nit geschehen ist.

Als sie nůn gedacht haben, die weiber seiend uffgestanden, habend sie dem jungen Lasaro befolen seiner můter zů sagen, das sie eylents zů Reicharten frawen kumen wöl, sie hab etwas ernstlichs mit ir zů reden. Disen befelch hatt Lasarus eylents außgericht; sie zwen aber sind den nächsten zů Reicharten weib gangen. Indem kam auch Lucia, das weib Lasari.[190] Bald haben sie alles hausgesind haissen abdretten und aus dem gemach gehn.

Da diss beschehen, hat Reichardus angefangen reden mit gantz frölichem angesicht und also gesagt: ›Ir meine allerliebsten und vertrewtisten fründ und fründin, ir sollend wissen, das ein sach vorhand ist, welche uns gemeinlich berüren wirt. Dieselbig habe ich schon dem Lasaro geoffenbaret, sind demnach beidsamen zů rhat worden, euch dieselbig auch anzůzeigen und ewers rhats hierinn zů pflegen. Ich aber gedenck dise ding also von gott geordnet sein, damit sich unser früntschafft des orts mere und zůneme. So wissend, das ich uff gewisse spůr kumen bin mit unser tochter und dem jungen Lasaro, wo wir die ding nit fürkummen, sie einander selber nemmen werdend‹. Zeigt in damit alle verloffene geschichten an, darbey, was sie sich Lasarus halben mit einander entschlossen hetten.

Des sich beide weiber größlichen verwunderten; doch gefiel inen zů beiden seytten, das sie mit Lasaro solten fortfaren, wie sie seinethalben beschlossen hetten. So wolten sich auch die beide weiber der sachen underziehen, die jungen beidsam zů red setzen, den rechten und satten grund von in erfaren, darneben ir (der älteren) willen zů verston geben. Ein solcher vorschlag beiden mannen sehr wol gefiel.

Es het sich aber Amelia gar heimlichen vor dem gemach an ein klunsen oder spalt gestellet, alle wort und anschläg von wort zů wort gar eygentlich vernummen. Dardurch ir dann ein grosse freud zůstůnd; es ward aber mit dem ein bitter trawren drunder vermischet, als sie verstůnd, das der jüngling ein zeitlang in Brabant bleiben můst. So umgab sie auch grosse scham, als sie verstůnd, das der vatter des morgens alle wort, so sie in irem gemach geredt, gehört het. Sie gedacht im gantz fleissig nach, wie sie doch dem jüngling zů wissen thůn möcht, was ihrer beiden älteren fürnemen were, damit, wann die můter an in kumen würd, das er bedacht wer antwurt zů geben. Sie gieng eilents in ir gemach, nam iren schreibgezeug, sass nieder und schrib dem jüngling alle sachen, wie sich die verloffen hetten, bericht ihn dabey, was er der můter zů antwurt geben solt, damit[191] sie beidsamen gegen den mütern gleich zůsagten, verbot im auch gar nichts zů leugnen; doch solt er nit gleich bewilligen in Brabant zů raisen, bis das er sich nit mer erweren künd. Sie nam den brieff, gab in einem vertrawten jungen, so dem Lasaro gar angenem und lieb was, befalhe im, wann er sehen würd, das der alt Lasarus sampt seinem weib zum imbis kumen, (dann sie beidsamen bey dem vatter essen würden) solt er dem jungen Lasaro den brieff in den laden bringen. Das alles ward also nach ihrem anschlag vollendet.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 190-192.
Lizenz:
Kategorien: