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[208] Die nacht was yetzund durch Auroram, die morgenröte,[208] gar verjaget und hinder die hohen gipffel der bergen getriben. Phebus hett seine vier schnellen pferd inn sein wagen gesetzt, kam mit grossen frewden mit glantzender sunnen dahergefaren; die süssen und kůlen windlin mit irem sanfften wehen daher bliesen, davon alle gewechs erquickung namen. Die vögel auff den zweigen mit iren süssklingenden stimmen den tag mit frölichem gesang empfiengen. Der patron des schiffs erfrewet sich auch nit wenig ab semlichem gůten wind und wetter. Er schicket eylends sein trometter in die statt umbzůblasen; dann er gleich willens was von land zů säglen.
Also versamleten sich alle die, so willens hetten zů faren, mit grossen freuden bey dem schiff. Allein Lasarus der jüngling in grossem trawren stůnd; dann im nit weil werden mocht, sein allerliebste Amelia zů gesegnen. Er genadet seiner můter; dann er nit meinet, das sie an das port zů dem schiff gehn würd. Es hette aber Cassandra und Lucia am abent zůvor ein packt und anschlag mit einander getroffen, das sie sampt irer tochter Amelien Reicharten und den jüngling Lasarum zům schiff beleiten wolten. Cassandra kam sampt irer tochter gegangen in das haus Lasari. Da aber waren Richardus und Lasarus aller ding schon beraidt.
Aber es gefiel Richarten sonderlichen, das der jüngling, zůvor und ehe er von land schied, dem alten Roberto genaden solte, desgleichen der alten můter, die sich dann der welt gantz entschlagen hetten ires betagten alters halben. Sie beliben eintzig in irem gemach, darinn wurden sie mit speiss und dranck, auch ander wartung wol versorget von Cassandra und Amelia, irer tochter. Also gieng Reichhardus mit dem jüngling zů in. Da warend sie eben erst auffgestanden. Reichardus zeigt in an, wie er yetzund willens were, sampt dem jüngling Lasaro in Brabant zů schiffen, weren derhalben kumen, inen beiden zů genaden. Es wußten auch die alten zůvor allen anschlag, auch von der eheberedung zwischen Amelien unnd dem jüngling. Der alt Robertus, sovil im müglich und die zeit ertragen mocht, underwis er den jüngling, gab im ein gůte letze, sein darbey und seiner lehr zů gedencken. Nit weniger hat sich die gůt alt můter mit Lasaro früntlich geletzet und gewünschet, das im vil glücks auff seiner raiss[209] widerfaren und im got ein selige und fröliche haimfart verleihen wolt, damit sie in mit frewden widersehen möchten.
Also giengend sie sambt dem alten Lasaro, den beiden weiben und junckfrawen zů dem schiff; das was schon aller ding bereit zů faren. Lasarus genadet seinem vatter und seiner lieben můter. Sein hertz aber was im so gros, das er Amelia, seine liebste junckfraw, nit gesegnen kund, sunder befalhe das seiner můter, der junckfrawen ein brieff zů antwurten, darinn er sie zům allerfreuntlichsten gesegnet. Des aber die junckfraw nit kleinen unmůt empfieng, ward auch gäntzlich in heimlichen zorn gegen Lasaro entrüstet, wiewol sie nicht dergleichen thet, biss sie wider haim in ihr gemach kam. Also fůr das schiff mit uffgerichtem sägel und gůtem glückseligem wind darvon. Sie stůnden an dem port ein gůte zeit, dem nachsahen, biss das sie es gar aus irem gesicht verloren. Demnach sind sie wider zů haus gangen.
Amelia, die junckfraw, ist in ihr gemach gangen, iren jüngling schwerlich beklagt, umb das er ongnadet von ir weggefaren ist. Sie hůb an auff nachvolgende meinung mit ir selb zů reden: ›O Amelia‹, sagt sie, ›wo hast du dein hertz und vertrawen hiengesetzet! Wie hast du dein hertzliche und stete lieb so gar übel angelegt! Auff einen sand und schmeltzend eiss hastu gebawen. Ey du unverstandner jüngling, wie hastu an deinem hertzen haben mögen, also von mir sunder alles urlop hinwegzůschaiden! Binn ich doch die, so dir nachgevolget ist biss an das port des mers, und hast mir nit mit einem früntlichen wort genaden mögen. Wolan, ich waiss mich in keinen weg an dir zů rechen, dann das ich dich aus meinem hertzen setzen unnd ausschliessen will. Dann das zůsagen unser baider älteren mag mich noch gar nichts an disem ort binden, dieweil der handschlag noch nit geschehen ist. Far nur hin, Lasare, du unbedachter jüngling! Mein stete trew und lieb wil ich einem bekantern und verstendigern jüngling behalten, dann du bist. Mich aber rewet all mein tag, das ich mich deines abscheids halben so jämerlich gehebt hab. Wolan, hin ist hin. Ich kan und mags nit widerbringen.‹