40.
Morgens an einem sonnentag Ferdinandus und Lasarus miteinander spatzieren giengen; Ferdinandus den Lasarum trewlichen warnet vor zweyen jungen Portugalesern, der ein Lorentz, der ander Veit genant.

[228] Als nůn die finster nacht vergangen, der göttin Palladi oder Minerve nachtfogel sich verschloffen und verborgen het, dargegen die süssingend fraw nachtigal den liechtscheinenden tag mit süssem gesang verkünden ward, sind die zwen gůten jungen schlemmer, so einander lang nit gesehen hetten, auffgestanden, sich schnel anthon, miteinander spatzieren gangen. Ferdinandus aber zůvor von Richarten underrichtet worden[228] was, in welcher mass er mit Lasaro sein red und gespräch füren solt, damit er in lustig machet, in Brabant zů bleiben. Ferdinandus, der yetz lang zeit zů Antdorff gewondt, aller lustigen ort der statt kündig was, nam Lasarum zů sich, fůrt den allenthalben in der stat umbher in alle kirchen, auff das wasser, deßgleichen an die schiessrain und zunfftheuser, und wo er etwas lustiges wußt, da můst er mit im hingon. Davon Lasarus ein lust und begird gewan, ein zeitlang an dem ort zů wonen.

Als nůn Ferdinandus seinen willen verstůnd, hatt er warnungsweiss auff volgende meinung mit im angefangen zů reden: ›Mein liebster Lasare, dieweil dein hertzliebster vatter, der dich sunder allen zweifel ob allem weltlichen schatz liebet, har inn Brabant geschicket, fremde sprachen und sitten zů lernen, hatt er dich ungezweifelt mit worten underrichtet, wes du dich gegen menigklich zů halten habest, damit du von yederman lieb und wert gehalten werdest. Nůn kan ich aber dannocht nit lassen dich vor geferlichem schaden zů verwaren, darein du von ungefell fallen möchtest. Du solt wissen, das noch andre Portugaleser aus Lisabona in diser stat Antorff sind und derselbigen nit wenig, aber fürnemlich zwen verlotterter böser bůben, einer Lorentz genant, der ander Veit. Dieselbigen zwen lecker auff alle bůbenstuck gar scharpff abgericht sind. Wann sie erfaren, das ein junger aus Lisabona har gon Antdorff kumpt, besunder wo sie wissen, das einer gelt underhanden hat, gesellen sie sich gleich zů im, (dann also ist mir mit ihn begegnet) gend im gůte wort, streichen im den falben hengst auffs früntlichest, bis sie einem hinder, sein gelt kumen und er das sein mit in ohn worden ist. Alsdann thůnd sie, als wer er nie mit in in kuntschafft kumen. Das wöllest dir ein gůte warnung lassen sein, dich ir beider, so vil dir yemer müglich sein mag, entschlagen. Du wirst yetzund an ein weidlichen dienst kumen, in welchem vil zů versehen ist, silber, gold und edelgestein täglich um die weg ligt. So werden sie erstlich, wann sie deine herberg erfaren hand, dich täglichen überlauffen wöllen, heimsůchen und ansprechen. Daran aber, weis ich, deine herren und frawen klein gefallens haben werden. Dann ich sag dir, das dise[229] zwen jungen fast übel beschrait sind in gantzer statt Antdorff. Darzů ir yeder auff dissmal schon den dritten herren hat, welches einem jungen allhie gar nachteilig ist, wo einer in einem jar mehr dann einem herrn dienet. Solten sie dann also geselschafft zů dir sůchen und in gewonheit kumen in deines herren haus zů gon, möcht etwas kleins oder grosses von inen entwert werden. Was würd dir semlichs für nachtail bringen? Ja mer, dann du ymmer erachten und gedencken magst. Und ob gleichwol dein herr keinen argwon uff dich gedencken, wirt er dannocht allzeit in sorgen ston, du möchtest durch solche böse bůben verfürt werden, wirt derhalben dester mehr uffsehens gegen dir haben. Das wirt dich dann schmertzlich bekümmern, wo anderst du, als ich mein, ein erbar uffrecht gemüt und hertz in dir hast. Du woltest dann deinen lieben älteren ein semlichs gern für ire ohren kumen lassen, so wirst du disen meinen worten nit wenig nachgedenckens haben und darbei, wo du fein seuberlich hinach fragen wirst, dise ding selb erfaren und innen werden.‹

Auff dise wort saget Lasarus: ›O Ferdinande, wie kan ich dir diser deiner getrewen warnung gnůgsam vergelten! Ich můs dir bekennen, das mir mein vatter, vor und ehe dann ich von im geschaiden bin, einen vätterlichen underricht geben hat, mir aber nit also mit fingern daruff gedeutet, damit ich aigentlich die personen, vor denen ich mich zů hüten hab, erkennen mag. Ich sag dir bey meinem gůten glauben, wann sichs begeben het, das mich diser bůben einer für ein lantzman angesprochen, het ich im mein geselschafft nit abgeschlagen; dann mir ir hantierung verborgen gewesen ist.‹

Daruff antwurt Ferdinandus: ›Du solt dich darumb nit, o Lasare, aller gůten gesellen und landsleut entschlagen, dieweil unser noch gar vil sind, die sollich böß geschrey nit haben, uns auch keins wegs darnach halten. Zů denselbigen solt du dich gesellen, so wirst du gewiss nichts unrechts noch übels thůn. Du solt on mangel sein ehrlicher und gůter geselschafft, so wirst du auch auff ein tag mehr kurtzweil und fröligkeit sehen, dann zů Lisabona in einem monat.‹

Diser und derengleichen reden habend die zwen jüngling[230] vil miteinander getriben und also nicht destweniger spatzieren gangen, die statt, so vil in müglich gewesen, beschawet.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 228-231.
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