3.

Wie ein pfaff understůnd mit fünff worten in himmel zů kommen.

[9] In einem dorff saß auff ein zeit ein toller, voller, verlotterter, verspilter, gottloser pfaff, dem alle zeit seine sinn unnd gedancken mer ins wirdtshauß dann in die kirchen stůnden, deren man aber yetz zů unseren zeiten nit bald einen finden wirt. Derselbig pfaff versach und weidet seine schaff gantz fleissig, damit inen kein unradt angesehen ward; dann er lag gewonlich summerszeit mit inn am schatten im wirdtshauß, winterzeit aber in der warmen stuben, damit sy im in der kirchen nit erfruren.

Zů einer zeit begab es sich, daß er von einem andren[9] dorfpfaffen auff die kirchwich geladen ward; derselbig was ein alter unnd wolbetagter mann. Er hat auch noch ander erbar gest geladen, so im bekannt und verwandt waren, deren etlich nit groß wolgefallen an des pfaffen tollen schwencken hatten. Dann er, sobald er über tisch kam, fieng er seine faulen bossen an zů treiben mit reupsen, schreyen und jauchzen, so daß niemant vor im zů red oder worten kommen mocht. So offt er ein glaß, becher oder krausen außtranck, fienge er an mit lauter stimmen zů schreyen: ›O lieber wirt, schenck dapffer ein!‹ Warff damit das geschirr in die höhe unnd empfiengs wider. Dise unfletige weiß treib er so lang, biß es den andren pfaffen anfieng verdriessen. Und der in geladen hat, hůb an den follen pfaffen mit worten straffen und sagt: ›Ach lieber mein herr, wo gedencken ir doch hin? Nun sind ir ein pastor und seelsorger über euwere gemein; wie wend ir die sach gegen gott verantwurten? Dieweil ir ein sömlich schandtlich leben füren, nemmen doch warlich euwer underthanen ein böß exempel und ebenbild von euch. Man sagt gemeinlich: Wie der hirt, also sind auch die schaff. Darumb solt ir euch sömlicher lasterlichen weiß massen, sunst werden ir gewiß in grossen geferden an euwerem letsten end ston müssen.‹ – ›Ahha!‹ sagt der pfaff, ›ich hab ein gnedigen liben herren und gott; wann mir an meinem letsten end nit mer dann so vil zeit werden mag, daß ich fünff wort mit im red, wirdt mir der himmel offen ston. Was wolt ich dann grosse not haben! So wil ich auch meiner bauren keinen in himmel tragen; wöllen sy nit hineyn, bleiben sy herauß. Ich hab inn doch, als sy mich angenommen haben, den himmel nit zůgesagt so wol als ir euweren bauren.‹ Als sy nun lang mit einander zanckten unnd aber der pfaff alle wort in einem gespött verlachet, hat im der ander nicht mer in seinen sachen reden wöllen; der pfaff ist aber gantz truncken worden.

Und als der alt pfaff eben aufhort, von dem er geladen was, hat er urloub von im genommen; damit im aber nicht auff seiner heimfart begegnet, hat im der alt seinen sigristen zůgegeben. Nun ist underwegen ein seer tieffer bach gewesen unnd gar ein schmaler steg darübergangen, über welchen der[10] voll pfaff hat gon müssen. Als er aber mitten auf den steg kommen ist, sind im seine beiden füß entgangen, unnd ist also in das wasser geplumpet. Bald er aber merckt, daß im niemants zů hilff hat mögen kommen (dann im gieng das wasser schon in das maul), do hat er angefangen jämmerlichen schreyen: ›O lieber wirdt, schenck dapffer eyn!‹ Dann im diß wort zůfordrist im maul lag, und kundt in seinem letsten end die fünff wort nit heraußbringen. Also ersaufft der voll pfaff.

Darumb es warlich nicht gůt ist, sömlicher üppigen wort sich zů gebrauchen; darzů sollen wir auch nimmer kein solche spottreden und üppige fablen von gott reden, als diser pfaff gethon hat.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 9-11.
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