40.

Wie ein lantzknecht mit seinem wolspringen umb ein schönes meitlin kam und můst die nacht neben einer süwsteigen übernacht ligen.

[46] Es haben die frummen lantzknecht, gott verzeich mirs,[46] einen brauch im land und sonderlich im land zů Schwaben und auff dem Schwartzwald, das sie winterszeit auff der gard umbzihen, sturmen die armen bauren umb speiß, brot, eyer, saltz und schmaltz; da můß mancher armer man geben, es sey im lieb oder leid, wiewol sie niemand zwingen, bitten sie aber offt mit solchen schimpflichen worten, das sie inn mit willen geben; dann sie fürchten irer schüren und stell. Es haben aber gemelte lantzknecht ein gemerck, wo sie ire herbergen nachts haben, da malen sie an die stubentüre burgundische crütz mit östen; wo denn einer der schlecht frummen gartbrůder inn ein stuben kumpt unnd findet dis zeichen an eine wand oder titre ston, begert er gar nicht, sonder wendt sich mitt gůten worten wider zůrück und sagt: ›Hey, ich sihe wol, daß ist ein lantzknechtherberg. Habt mir nicht zů ungůt!‹ Kumpt aber einer auff die nacht, so hat er auch die fryheit vom babst (also wen ich), darff er nit lang umb herberg bitten; der haußvatter weißt bescheid, můß im herberg geben nach vermög ir privilegia.

Nun es begab sich auff dem wald, das auch ein gůter junger lantzknecht, so noch nit gar wol gstudiert hatt, im grossen hunger und armůt sich můßt der gart behelffen. Der kam in eines reichen bauren hoff, spracht in umb liferung an. Der baur saß verr von den lüten uff dem waldt hette nit meer dann ein eynige nachbarin, die waß ein wittfraw, die hat ein schöne tochter, züchtig und frumb; die wußt auch sampt irer můter dise knaben zů herbergen. Daß wußt der baur auch an ihnen beiden, darumb sagt er zů dem gartknecht: ›Lieber kriegßmann, ich habe seer vil kind und gesindt; darumb weiß ich dich auff dißmal nit zů halten. Hie hast du gelt, damit du ein maß wein magst bezalen; daß nim zů gůt unnd gang in daß hauß, so du dort sihest! Da wirstu on zweiffel gůt herberg bekommen; du magst dich auch so fein und geschickt halten, du magst ein erb und besitzer deß hauß und hoffs werden.‹

Der gůtt hach, so noch nit mit dem teüffel zůn schůlen gangen waß, glaubt dem pauren seiner wort, kamb zů der wittfrawen und sprach sy umb herberg an. Die gůt fraw sagt im herberg zů mit dem geding, wo er sein eygen brot[47] hette. ›Ja,‹ sagt der lantzknecht, ›uff diese nacht hab ich brot für unser drey.‹ Also wurden sie der sachen einß, sassen zů tisch. Inndem aber die tochter zum tisch kam, sahe sy der gůt gesell gantz freundlich an. ›Ach,‹ sagt er, ›wer doch ein weinschenck vorhanden! Ich hett noch ein par maß wein zů bezalen.‹ Die můter aber sagt: ›Lieber mein son, hastu lust, wein zů bezalen, mein nachbaur auff dem hoff hatt noch gůten wein umb gelt zů verkauffen; dann er auch beweylen gest übernacht umb gelt beherbergt. Darumb wilt du so milt sein und ein maß wein kauffen, so wend ich und mein tochter auch eine bezalen; sodann wil ich uns gůte schwebische zelten darzů bachen.‹ Der gůt brůder Veit meinet, die glock were schon geformbt; sein beütel můßt sich ergeben; darin fand er mit aller marter gelt für zwo kanten wein. Die jung lieff bald auß nach wein; die alte bůch zelten; in summa, sy sassen zůsammen, waren leychtsinnig.

Alß nun die alt meint, die zeit wer vorhanden, sagt sy: ›Lieber mein son, ich wil dir nicht bergen, ich und mein tochter sind allein in disem hauß, haben nit meer dann zwey bett. Nun kan ich dich alß einen milten außgeber nit allein ligen lassen; darumb wend wir drey mitt einander springen. Welche zwey dann am weitesten daß ziel erreichen, die sollen diese nacht bey einnander schlaffen.‹ Der gůt kärle waß der sachen wol content; dann er meinet, wie dann auch geschach, die jung wurd baß dann die alt springen mögen. Sy wurden der sach zůfriden. Die alt legt daß ziel weit für daß hauß hinaus; sy thet auch den ersten sprang und sprang gar ein wenig hinauß. Demnach sprang die tochter und thet gar ein dapffern sprung; deß fröwet sich der lantzknecht auch; er meinet, der tochter dapffer zůzůspringen, damit sy zwey zůsamenkämen. Also der lantzknecht mit grossen fröuden aller seiner armůt vergessen, sprang gar weit über daß ziel hinauß. In dem schlussen die můter unnd tochter die türen vor im zů, boten im sein halbspießlin zů einem schlitz fenster hinauß, sagten: ›Ho, ho, du bist gar zů weit über daß ziel gesprungen.‹ Der gůt arm tropff hat sein gält, müy, arbeit unnd kosten umbsunst gehabt; wolt er die nacht nit im regen ligen, můßt er sich under einer sewstigen oder sewstall behelffen.[48]

Deß morgens kamb er wider zů dem bauren, so im die herberg gewisen hat; der fragt in, wie im gelungen were. Er sagt im anfang, mittel und ende. Also hat er in einmal zů gast, weiß in darnach weiter, warnet in auch vor solchen starcken sprüngen, damit er nit über daß ziel sprung.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 46-49.
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