55.

Ein grawsame unnd erschrockenliche history, so sich auch von wegen eines kauffs oder tauschs zůgetragen hatt.

[74] Diewil wir jetzund eben von keüffen, wettungen und tauschen angefangen hand zů schreyben, ursacht mich auch ein grawsamme und gantz erschrockenliche history, so ich dann selb erlebt, auch beide personen, weyb und mann fast wol erkant hab. Nemmend war, es ist ein statt im Elses gelegen, Reychenweiler genant; dieselbig ist graf Jörgen von Würtenberg zůgehörig. In deren wonet ein würt, und hieß man das wirtshauß zům bären. Derselbig kam auff einmal in einer zech mit einem anderen würt in ein red; ein jeder wolt, der ander wer reycher. Zůletst kamen sy in eine sölliche wettung und tausch, das ein jeder auß seinem hauß von hab und gůt gon solt, und der ander in seines tauschs hauß gon, aber auß seinem vorigen hauß nichts tragen, weder barschafft, silbergeschirr, haußradt noch kleider; nichts außgenummen, allein was einer von gewand zů seiner notturft haben můßt. Alsbald schlůgen sy einandern den kauff zů. Do waren von stund an gesellen, die druncken den weinkauff, damit der tausch bestetigt ward, wie man dann im Elses ein sunderen bösen brauch hatt. Dann so semlich unerbare keüff beschenen, findt mann bald solche lose kunden, die helffen zů sölchen unerbaren keüffen, damitt sy allein den weinkauff ze trincken haben und inen der kropff gefüllt werde, es geradt der kauff hernach, wie er wölle. Also gieng es auch mit disem ellenden tausch zů.

Nun hatten sy beid ein zeit bestimbt, so solt ein yeder syn hauß unnd hab verlassen und inn des anderen hauß gan. Der ander würt aber, so mit dem vom Reychenweiler getauscht, was nicht in der statt daheim, aber allernechst darbey in einem flecken Hunnenweyer genant. Als nun der vonn Reychenweiler heymkam und seinem weib den tausch saget, ward sy über die maß seer betrübt, bat iren mann auch offt, er solt von solchem fürnemen abston unnd sich mit seinem gegenteyl inn[75] ander weg vertragen; dann sy het ir entlich fürgenommen, ee zů sterben, ee daß sy auß irem eygen hauß, von hab unnd gut ziehen wolt. Disen zanck unnd katzbalg triben sy lang mit einander; dann der wirt, ir mann, wolt dem andern des tauschs in keinerley weg abredt sein; so wolt in auch jenner des tauschs unnd erbaren kauffs nicht erlassen. Nun gieng die würtin von Reychenwiler groß schwanger, also das sy gar schier geligen solt.

Auff einen tag hatten sy sich aber gar hart mit einander gezancket und erhaderet; zů dem mal hatt der würt nit sunders gest im hauß, dann ettlich arbeiter, so auß dem Schwaben und Welschland irer arbeit nach an das gebirge ins Elsaß ziehen; sonst was nyemands im hauß dann knecht und mägt. Als sy yetzt alle nach dem nachtmal schlaffen gangen, der hader und zanck für und für mit dem wirdt und wirttin geweret, ist inn der nacht von denen, so im hauß gelegen sindt, deßgleichen von ettlichen nachbauren, so am nechsten gesessen sindt, ein geschrey unnd tumult im hauß erhort worden. Dieweil aber mennigklich von dem zanck und streyt, so die zwey mitt einander gehabt, wissens getragen, hat jederman gemeinet, der würt schlahe sein weib. Aber der knecht im hauß, als er seinen meister die gantz nacht so hort umbschwirmen, ist er zůletst auffgestanden und seinen meister angeschruwen und gesagt: ›Meister, was ist doch dise nacht für ein ernstliches gefert im hauß? Will euch yemants überweltigen?‹ Da hat im sein meister geantwurt und gesagt: ›Was bleibst du nit ligen? Biß zů rhůen und lege dich! Mir thůt niemandts nichts. Ich hab mein weib ein wenig geschlagen.‹ Also ist der knecht wider zů bett gangen.

Des morgens aber, als alles volck im hauß auffgestanden ist, hat weder meister noch fraw auß der kammern gewöllen gan, daß man doch vor nye ann inn beyden gewon gewesen. Als man aber zůletst die kammer auffgethan, hatt man die fraw mit vil wunden am bett durchstochen todt ligen, den mann ettlich schritt vom bett und ein messer, mit silber beschlagen, in im stecken todt ligen funden. Davon dann mennigklich grossen schrecken empfangen, und hatt man semlich grawsam geschicht eylentz den amptlüten angesagt. Die haben[76] gleich, dieweil der argwon so groß gewesen, alle die, so dieselb nacht im hauß gelegen, gefenglichen angenummen. Wiewol sy unschuldig gewesen, noch dannocht hat sy grosser schrecken und forcht umbgeben. Zůletst als die entleibten personen sind begraben worden, hatt man den nachrichter von Colmar beschickt, understanden, die gefangnen peinlich zů fragen.

Es hat aber der nachrichter, als einer, so diser ding gepflegen, auß vilen zeichen und argwonischen stucken der sachen gar weyt nachdenckens gehabt, darzů auch den amptleüten geraten, mit den gefangnen nit zů eylen; dann es wolt in gentzlich beduncken, der württ hett semlichen mordt an seinem weib und an im selbs begangen. Disen reden haben die amptleüt, als denen die sach hart angelegen ist, zů hertzen genommen und nachgedacht, auch ye lenger unnd meer dem todtschleger als dem würt die sach vertrawet, wie dann auß gar vilen zeichen abzůnemen gewesen ist.

Auff diß hatt man sy wider auß der erden lassen graben und noch ferrere zeichen an dem mörder [gefunden], so dann sein eigen fleysch unnd blůt inn můterleib sampt seinem ehegemahel lesterlichen ermördet hat; der hat ein solchen bösen geschmack von im geben, das unglaublichen zů sagen, und ist also durch den nachrichter an ander gewonliche statt, da solch verzweyfelt corpell hingehören, gefürt worden. Des weibs cörpell ist in dem grab beliben. Grott sey ihrer seelen gnedig unnd gebe dem andern tauscher grosse rüw, so nit die wenigst ursach an disen dreien mörden ist gewesen. Wie unrecht ist' es gethon, eines andren gůt also durch geferlich tauschen an sich zů bringen!

Dise histori hab ich auffs kurtzest hieher müssen setzen, damit menicklich ein genügen hab an demjenigen, so im vonn gott beschert ist, dasselbig nicht also inn windt schlagen, als wann er die gaben gottes wolt verachten. Darumb lond uns semlich unerbar tauschen und solch geferliche keuff vermeyden!

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 74-77.
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