59.

Von einem, so gott für seiner armůt dancket.

[80] Inn aller gantzen welt ist ein armer mann unwert, er kumb gleich, wo er wöll; hab auch nie von keinem vernommen, so sich seiner armůt gefröwet oder getröst hab, dann eben disen gůten companien, der dann eben zimblich an gott seiner armůt halben seer grossen danck gesagt. Das aber fügt sich dermassen.

Als der Frantzos mit einem grossen volck in das Elsaß zogen unnd yetzt schon über die Zaberen steig kommen was, ist ein reicher thumher zů gemelten gesellen kommen und gantz ernstlich mit im von den schwebenden löuffen geredt. ›Ach mein Zentius (also hießt der gůt fründt), was meinstu, das auß disem krieg und wesen werden wöll? Ich sorg, der Frantzos werd uns plagen unnd zů armen leüten machen. Ich weiß nit, wie ich mein dingen thůn soll. Hett ich nur 14 tag lenger zil, ee dann er kem!‹ – ›Ho,‹ sagt diser, ›wann ich inn ewrem hembd steckt, ich wüßt mich woll zů halten.‹ – ›So radt mir auch, lieber Zentz! Wie soll ich im thůn?‹ Diser gab im gar mit ernstlichen geberden, wie er dann in gemeinem brauch hat: ›Thůd eins,‹ sagt er, ›und gond zum schultheissen, bittend ihn umb den stab, ist euch umb zwen pfennig zů thůn, gebt die einem weibel und laßt im gebieten, das er diser statt zwing und beinen miessig gang, so můß er nach der statt ordnung 14 tag warten.‹

Der pfaff marckt den spot, so diser mit im treib, ward etwas darob erzürnt und sagt: ›Ja, du hast gůt darvon zů reden, dein sach stadt yetzund wol, dieweil du nichts zů verlieren hast.‹ Darauff sagt diser: ›Das sey gott gelobt! Yetzund sich ich erst, warzů die armůt gůt ist; ich wolt aber nit, das ich meer hett, dann ich hab.‹

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Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 80-81.
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