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Einer fras fur vierzehen batzen krametvögel.

[104] Gen Augspurg kam ein gut einfaltig mann an einem wochenmarckt, der hat nit mer dann einen guldin im seckel, darumb er willens was korn zu kauffen, wolt aber dennoch vor ein halbs meslin wein trincken. Er kam in die herberg, in welcher Grünenwald schier sein mantel verbissen hat. Er hies im ein halbs bringen und ein brot darzu. In dem ersicht er aufftragen ettlichen grossen hansen ein blatten mit krametvögel; er fragt einen, so von ungeschicht in der stuben unnd ein grosser speyvogel was. ›Lieber,‹ sagt der gut mann zu ihm, ›was gilt doch ein solcher vogel?‹ Diser sach wol, was er fur einen kuntman vorhanden hett, unnd sagt: ›Man gibt ein umb ein pfenning.‹

Die vogel ruchen dem guten mann in die nas, bat die[104] wirdtin, so sie mer hett, solt sie im auch einen bringen. Sie was willig, bracht im einen also warm vom spis; der sehmackt im gar wol. Er gedacht bey im selbs: ›Das sind gut schmutzig vogel. Ich mus noch mehr pfenning daran wagen. Wann ich schon ein batzen in voglen verschlemm, so hab ich ihr doch einmal gnug gessen.‹ Er rufft der wirdtin, sagt, hett sie mer vogell, solt sie im mer bringen. Also bracht sie im ein nach dem anderen fein also warm vom spis, bis das er viertzehen gessen hatt.

Do meint er, der schimpffs wer jetzund gnug, hies im die ürten machen. ›Wie viel,‹ sagt die wirdtin, ›habt ir wein?‹ Er sagt: ›Ein halbe mas.‹ – ›Das ist drey kreutzer,‹ sprach sie; ›nu, wie vil habt ir brot?‹ Er sagt: ›Für ein kreutzer.‹ – ›Das macht zusamen ein batzen,‹ sprach die wirdtin; ›noch haben ir vierzehen vogel, thut ein jeglicher ein batzen, wirt zusamen ein guldin.‹ Der gut man erschrack der wort on massen sehr, wiewol er erstlich meinet, die wirdtin trib ir schertzbossen mit im; er fieng an sich hinder den oren zu kratzen. ›Ach,‹ sagt er, ›wie bin ich so schantlich beredt worden, es gelt ein solcher vogel nicht mehr denn ein pfenning!‹ Er sahe sich umb nach dem, so gesagt, es gult ein krametvogel nicht mehr denn ein pfenning; er was aber nit mehr vorhanden, sondern hat sich getrolt. In summa, die wirdtin wolt im ein haller nicht nachlassen, sonder holheupt in gut ding darzu aus und ward nur seinen dapffer spotten, sagt: ›Kanstu krametvogel essen, so zal sie auch!‹ – ›Nun hab ich nicht mehr,‹ sagt er, ›dann ein guldin bey mir, wolt korn für mich und meine kinder darumb kaufft haben. Sol ich den also auff einmal in voglen verzert haben, so erbarms gott.‹ Also gab er der wirdtin die funffzehen batzen und fur traurig und wol verspott darvon.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 104-105.
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