89.

Einer hat ein heissen kopf.

[116] Im Elsas ligt ein statt am gebürg mit namen Keysersperg. Darinen wonet ein burger, welcher auch ein ratsfreund was, aber gar eines wunderbarlichen kopffs und gemüts. Er was gerechten dingen holt; wann er im ein sach furnam, lies er sich keins wegs darvon abtriben. Das erschine sich an seinem leben und absterben.

Es begab sich auff ein zeit, das gemelter Schandene (also was sein nam) im radt zu Keysersperg sas, und ward einer sach halben befragt, was sein meinung darinn were. Er felt nach seiner gewisne ein urteil, welche in gut bedunckt, und meinet auch gentzlich darbey zu beleiben; was andre rhatsherren darzu sagen, bestunde er fur und fur auff seinen elff augen, wolt von seiner meinung umb einiges har nit weichen. Also sagt einer des radts zu im: ›Hey, nit also, Schandene! Ir müst ein wenig gmach traben. Wie kent ir so ein heissen[116] kopff haben!‹ Dise wort verschmacht den guten Schandene, nam von stund an seinen hut, warff den von im unnd sagt: ›Wolhin, ist mir dann mein kopff so heis, will ich in lassen erkülen.‹ Also hat er von disem tag an keinen hut noch andere bedeckung seines haupts nimmermer getragen bis an sein letstes end. Inn schne, regen unnd wind hatt er gar keinen underscheyd, dann er trug weder hut noch kappen; dann ich hab in zu vil malen gehn Colmar zu marckt sehen gon on ein haubtdecke oder hut.

Als nun sein zeit kam, das er von gott angegriffen und in das todbeth kumen ist, habend in seine freund ermant, er sol beichten und sich zu dem hochwirdigen sacrament schicken wie ein christenmensch. Sagt er: ›Lieben kind und freund, bringen mir einen frummen priester, so do untödtlichen sey! So ir mir den bringen, bin ich urbittig, alles das zu thun, so ir an mich begeren.‹ Auff solche antwurt wendeten seine freund allen fleis an, brachten im etwo manigen priester zuwegen; aber keiner under den allen wolt im anmütig sein, wiewol auch der allerfrumbsten und geistlichsten väter der observantzen darunder waren, so in englische siessen wort understunden zu bereden. Aber alles umbsunst was; dann er sagt, er spürte wol ein eusserlichen schein an inen, aber ir hertz wer weit anders gesinnet.

Also starb der gut Schandene und ward von den geistlichen als ein ungleubiger geacht; verschuffen auch, das man in ausserhalben des geweichten vergraben. Wo aber oder wie die seel gefaren sey, stadt zu gott; der weist, welcher der frömbst ist, dann er aller hertzen erkundiger unnd erforscher ist. Der vergeb uns allensamen alle missethat und verleihe uns ein seligs end. Amen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 116-117.
Lizenz:
Kategorien: