99.

Ein kauffman schüt bruntz in ein gwandkasten.

[126] Etlich kauffleut fůren gen Franckfort inn die meß; zu Mentz kamen sie in eine herberg, darin sie über nacht bliben. Nun was einer under in, so mer sorgsam und angsthafft war dann die andren alle, derhalben er zu nacht nit schlaffen mocht; und wo sie in einer herberg über nacht lagen, stund er oft in der nacht auff unnd lůgt, wann es tagen wolt.

Nun lagen sie zu Mentz in einer kamer, darinn stund zunechst bey seinem bett ein gros kensterlin oder gewandkasten mit vil dathen und türlin. Der gut kauffman nach seiner gewonheit stund aber etlich mal in der nacht auff, wolt nach dem tag schawen; und wann er meint, den kamerladen aufthun, thet er alwegen ein türlin an dem kensterlin auff, sties den kopff hinein; so was es gar finster. Solchs thet er etliche mal. Zuletst ward im von nöten, das wasser abzuschlagen, stund auff, nam die kachel under dem bett, thet sein noturfft darinn, thut die thür am kasten auff und schüt den harn gantz frefenlich in den kasten, das er im wider zuruck in das angsicht spritzet. Erst ward er gewar, wo er die nacht hingesehen hatt; er fieng heimlichen an zu flůchen unnd schelten. Seine andren gesellen erwachten drab, fragten in, was im begegnet wer. Als er in das sagt, verhofft, sie wurden ein mitleiden mit im haben, fiengen sie erst an sein spotten, und must die gantz reis, biß er wider heimkam, also ir fatzman sein.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 126.
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