Drittes Capitel
Worin Pedrillo auf eine sehr unangenehme Art aus dem Schlaf gemerkt wird

[97] Der gute Pedrillo schnarchte noch, als Don Sylvio plötzlich aus einem Traum auffuhr, der seinen Schlummer auf eine sehr unangenehme Art unterbrochen hatte. Verdammter Zwerg, rief er, indem er den Pedrillo bei der Gurgel faßte, gib mir mein Bildnis wieder, oder du bist des Todes!

He! Hülfe, Hülfe, Mörder, Feuer, Hülfe, schrie Pedrillo, und schlug mit Händen und Füßen um sich, indem er ohne zu wissen wie ihm geschah, so unfreundlich aus dem Schlaferweckt wurde.

Meine Princessin her, rief Don Sylvio nochmals oder – –

Je, zum Henker, schrie Pedrillo, indem er sich von ihm losriß, seid ihrs, Herr? Reitet euch dann der Teufel, daß ihr mich mit aller Gewalt erdrosseln wollt? Pestilenz! Man ist ja seines Lebens nicht bei euch sicher?

Wie? was ist das? rief Don Sylvio ganz bestürzt, bist du es Pedrillo?

Je, zum Teufel, antwortete dieser, ich meine wohl, daß ichs bin, wenn mich meine Mutter nicht mit einem andern verwechselt hat. Ist denn das auch Manier, einen so im Schlaf zu überfallen? Sackerlot! wenns so gilt, so bedank ich mich für die Commission, Euer Gnaden Schmetterlinge und Princessinnen suchen zu helfen.

Ich weiß nicht wo ich bin oder was ich sagen soll, erwiderte Don Sylvio, das seh ich nun mit meinen Augen, daß du Pedrillo bist, aber – –

O großen Dank, Herr Ritter, Don Sylvio von Rosalva, euer Diener! beim Element! ihr seid sehr gnädig, daß ihr mir es endlich ganz laßt, daß ich meiner Mutter Sohn bin; aber meint ihr, es sei damit gleich ausgerichtet? Meiner Seel, ihr hättet mir den Hals umgedreht haben können, ehe ich gewußt hätte, wie es zu gegangen wäre. Da, seht nun her, wie ihr mit mir umgegangen – seid; Potz Herrich! wenn ihrs euren guten Freunden nicht besser macht – Aber ich will gleich wetten, da wird wieder ein Zwerg oder Salamander, dahinter stecken.[97]

Gib dich nur zufrieden, mein lieber Pedrillo, antwortete Don Sylvio, du kannst ja selbst denken, daß meine Absicht nicht war, dir was zu Leide zu tun, und, ich schwöre dirs bei dem Leben meiner Princessin, ich begreife noch nicht, wie es zugegangen, daß der verwünschte grüne Zwerg, den ich schon in meiner Gewalt hatte, mir wieder entwischt ist, und dich an seine Stelle geschoben hat.

Dacht ichs nicht, rief Pedrillo, da haben wirs; der grüne Zwerg; Sagt ich es nicht vorher, wir würden kaum den Fuß zum Hause hinaus gesetzt haben, so würde der Diebshenker uns alle Drachen, Riesen, Zwerge und Rohrdommeln der ganzen Welt auf den Hals hetzen? Ich bin euch gut dafür; bei Tag wird uns nichts dergleichen begegnen. Aber hab ich euch recht verstanden, gnädiger Herr, sagtet ihr nicht was vom grünen Zwerg? Ich dachte, der sei in einen Zahnstocher verwandelt worden. Es scheint mit Erlaubnis der Frau Salamander-Königin daß sie eben keine Sclavin ihrer Worte ist. Gott verzeih mirs, man soll nicht Böses von seinem Nächsten denken, aber, beim Velten! Herr, wenn sie euch nicht für einen Narren hat, so will ich gelogen haben.

Rede nicht so ungebührlich von einer so großen Fee, sagte Don Sylvio sehr ernsthaft, es wird dich noch gereuen; ich sage es dir zum letzten mal, daß ich die ungezogene Frechheit deines Mauls nicht mehr leiden werde. Höre nur erst, was mir begegnet ist, und dann rede. Mußt du dann immer urteilen, eh du einmal weißt, wovon die Rede ist?

Ich glaubte nicht, daß ich mich so sehr verfehlt hätte, antwortete Pedrillo ganz kaltsinnig; ich habe doch so viel Vernunft, daß ich weiß, daß Holzäpfel keine Quitten sind. Ich lasse mir eben auch nicht alles weis machen, und ich bin, mit eurer Erlaubnis, nicht so dumm als ich aussehe. Es sind noch nicht fünf Minuten, so wolltet ihr mich erwürgen, weil ihr mich, wie ihr sagt, für den grünen Zwerg ansahet. Nun sag ich so: entweder ist der grüne Zwerg ein Zahnstocher, oder er ist keiner; ist er keiner, so hat die Fee – ihr wißt schon was; ist er aber einer, zum Henker, seit wenn seh ich dann einem Zahnstocher gleich? das ist ein Schluß, hoffe ich, woran nichts auszusetzen ist; ich möchte wohl sehen, was Euer Gnaden darauf antworten könnte.[98]

Zum Henker, sagte Don Sylvio lächelnd, gibst du dich auch damit ab, Dilemmata zu machen? Wenn du so fortfährst, so wird ja zuletzt nicht mehr mit dir auszukommen sein. Aber höre nur erst, sag ich dir, und laß mich allein reden, bis ich fertig bin, hernach wollen wir sehen, was für Schlüsse wir darüber zu machen haben.

Quelle:
Christoph Martin Wieland: Werke. Band 1, München 1964 ff., S. 97-99.
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