Erster Auftritt.

[171] Zabbäos in reifem Mannesalter, bärtig, Mäonios und vier junge Palmyrener andre als im vierten Aufzug sitzen umher, auf Säulenstücken und Blöcken; einige haben Kränze neben sich gelegt oder am Arm hängend.


MÄONIOS steht auf.

Wollt ihr noch länger rasten? Ich bin müde

Vom Stillesitzen. Gehn wir.

ZABBÄOS.

Ruhlos wie

Der Schakal, wenn ihn hungert! – Warte noch –

MÄONIOS lächelnd.

Faul wie die satte Schlange![171]

ZABBÄOS.

Nun, so laß uns

Hier liegen wie die Schlangen; Schlang' und Eidechs

Gedeihn hie gut – und Menschen denn wohl auch.

Wir kommen früh genug; zur Gräberschlucht

Sind kaum fünfhundert Schritte –

MÄONIOS.

Mehr.

ZABBÄOS.

Nicht mehr. –

Dies ist ein Platz zum Träumen! Lustig raschelt's

Im Gras; und Grillen singen; und die alten

Gemäuer, Säulen, Blöcke, so vom Zahn

Der Zeit benagt – man denkt sich was dabei.

Und wenn am Abend von den Gärten her

Die Knaben singen – –


Zu einem der Jünglinge.


Sing uns eins, Seleukos.

Sing uns das griechische Liedlein vom Adonis,

Da wir ihn heute feiern. So begehn wir

Das Fest mit Ehren, und Mäonios gib

Noch eine Weile Ruh'!

MÄONIOS.

Sei's drum. So streck' ich

Mich wieder hin. – Nun singe!

SELEUKOS singt.

Also will's der ewige Zeus: du mußt nun

Niedersteigen unter die blüh'nde Erde,[172]

Mußt die dunkle Persephoneia küssen,

Schöner Adonis.


Quelle:
Adolf Wilbrandt: Der Meister von Palmyra. Stuttgart 61896, S. 171-173.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Meister von Palmyra
Der Meister Von Palmyra: Dramatische Dichtung in Fünf Aufzügen
Der meister von Palmyra; dramatische dichtung in fünf aufzügen