Sei, Seele, du Marie

[135] Marie gebenedeite,

Mit Kind und Myrtenkrone,

Verbleib nicht in der Weite

Auf hehrem Sternenthrone!

Kehr in die Hütten ein

Und mir im Busen wohne!


Es hat das Reich der Himmel

Hienieden allen Raum.

Daß fern im Morgenland

Ein Eden blüht, ist Traum.

Die wache Seele fand

In sich den Lebensbaum.


Sei, Seele, du Marie,

Die keusche Gottesmaid,

Vom Licht aus Vaterschoß

Umflutet und umfreit,

In Minne makellos

Zur Mutterschaft geweiht.


Zu Bethlehem die Krippe

Ist jedes Herzens Schrein.[136]

Soll mich und meine Sippe

Der Gottessohn befrein,

Er muß aus Menschengrunde,

Aus mir geboren sein.

Quelle:
Bruno Wille: Der heilige Hain. Jena 1908, S. 135-137.
Lizenz:
Kategorien: